Greenpece hängt am Bagger

■ Protest gegen Trinkwasserverschwendung im Braunkohlerevier / Pro Jahr wird der Wasserbedarf von 30 Millionen Haushalten in der BRD abgepumpt

Jülich (taz) - Um kurz vor zehn entrollten die Greenpeace -AktivistInnen hoch über dem Hambacher Braunkohlentagebau bei Jülich ein zehn mal 15 Meter großes Transparent: „Stoppt den Raubbau am Grundwasser. Greenpeace.“ Sie hatten sich mit Seilen und Sitzgurten in 80 Meter Höhe an die beweglichen Drahtseile eines der riesigen Rheinbraun-Schaufelradbagger gehängt und ihn dadurch blockiert. Unbehelligt waren sie bereits um halb neun in einem grünen VW-Bus mit der Aufschrift „Förderbandservice“ an den Fuß des Baggers gelangt.

Unter dem niederrheinischen Braunkohlerevier, in dem die Rheinbraun (Rheinische Braunkohlen AG, eine hundertprozentige Tochter der RWE) jährlich rund 104 Tonnen Braunkohle abbaut, liegt eines der wertvollsten und größten Grundwasserreservoirs der BRD. Der Tagebau Hambach ist das größte Loch in der BRD, es wird bis zu 500 Metern tief ausgebaggert. Um den Tagebau trocken zu halten, muß reinstes Tiefengrundwasser aus bis zu 550 Metern Tiefe abgepumpt werden: im gesamten Braunkohlenrevier jährlich bis zu 1,2 Milliarden Kubikmeter. Das entspricht dem jährlichen Haushaltsverbrauch von 30 Millionen BundesbürgerInnen. Mit dem wertvollen Trinkwasser verdünnt die Rheinbraun die umliegenden Flüsse und - über den 22 Kilometer langen Kölner Randkanal - auch den giftigen Vater Rhein. Außerdem benützt sie es als Kühlwasser für die benachbarten Kraftwerke. Nur sieben Prozent des Wassers gehen an die Städte Neuss, Düsseldorf und Mönchengladbach.

85 Prozent der gewonnen Braunkohle wird in den Kraftwerken verbrannt und liefert ein Fünftel der bundesrepublikanischen Energie. Braunkohlestrom, so Thomas Kluge vom Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung, das die Greenpeace-Leute im Vorfeld der Aktion beraten hat, sei jedoch bei einem Verlust von zwei Drittel Abwärme nicht nur unrationell und teuer, sondern auch durch ihren Gehalt an Schwefel und anderen Schadstoffen ökologisch fatal, so daß der Braunkohletagebau in zweifacher Hinsicht katastrophale Schäden anrichte.

Im niederrheinischen Revier sei schon über die Hälfte des vorhandenen Grundwassers abgepumpt, der Grundwasserdruck in der Tiefe sinke, so daß Wasser von oben nachflösse, was Austrocknungen großer Gebiete zur Folge habe.

Greenpeace fordert von Rheinbraun einen Ausstieg aus dem Braunkohletagebau und die Übernahme der Haftung für nachfolgende Schäden. Nach dem Bundesbergbaugesetz ist das Unternehmen heute mit Beendigung eines Tagebaus aus der Haftung entlassen.

Bettina Markmeyer