Brennelement abgestürzt

Beim Brennelementwechsel im Siedewasserreaktor Krümmel ereignete sich am Sonntag ein Störfall der Kategorie „Eilt“  ■  Von Gabi Haas

Nach Einschätzung von Schleswig-Holsteins Energieminister Günther Jansen (SPD) wäre es im Atomkraftwerk Krümmel vor den Toren Hamburgs um ein Haar zu einem schweren Unfall gekommen. Wie bereits in unserer Hamburger Lokalausgabe berichtet, war es in dem Siedewasserreaktor am Sonntag zu einem Störfall der Kategorie „Eilt“ (E) gekommen, als beim Brennelementwechsel eine mechanische Vorrichtung am Greifer versagte. Eines der etwa zweihundert Kilogramm schweren Brennelemente knallte dabei aus fünf Meter Höhe auf den Boden des Lagerbeckens, blieb aber nach Angaben der Hamburgischen Elektrizitätswerke (HEW) unbeschädigt. Wäre dasselbe aus größerer Höhe und direkt über dem Reaktorkern passiert, so der Energieminister Jansen, wäre eine „erhebliche Strahlenbelastung des Personals und der Umgebung“ möglich gewesen.

Der Brennelementwechsel im abgeschalteten AKW findet vollständig unter Wasser statt. Mit Greifern werden die abgebrannten Brennelemente aus dem Reaktorkern gehoben und zum Abklingen in ein bierkistenähnliches Lagergestell gesenkt. Beim Herausheben aus diesem Kasten versagte in Krümmel die Greifmechanik, ein Unfall, der nach Angaben des Darmstädter Öko-Instituts etwa jedes Jahr einmal in der Bundesrepublik passiert. Es sei schon vorgekommen, so der Atomexperte Michael Sailer, daß ein derart verunglücktes Brennelement samt Brennstäben angeknickt wurde. Jod und andere im Wasser schwer lösliche Edelgase gingen dann in Sekundenschnelle in die Innenraumluft und durch Filter und Schornsteine teilweise auch in die Umwelt.

Unklar ist noch, ob es sich in Krümmel um einen Bedienungsfehler des Personals oder einen Defekt am elektronischen Anzeiger gehandelt hat, der den AKW-Arbeitern eigentlich hätte signalisieren müssen, daß die Greifvorrichtung nicht funktionierte. Im Falle eines elektronischen Versagens müßten nach Meinung Jansens auch die anderen Siedewasserreaktoren überprüft werden. Ob übrigens durch das Atomgeschoß auch der mit Stahl ausgekleidete Boden des Wasserbassins in Mitleidenschaft gezogen wurde, mochte ein HEW-Sprecher gegenüber der taz nicht ausschließen: „Ich könnte mir vorstellen, daß er eine kleine Delle bekommen hat.“