„Das Boot ist voll“

Parteien, Senat und das Aussiedlerproblem  ■ K O M M E N T A R

„Das Boot ist voll“ heißt die einfache Message, die die SPD -Fraktion aus ihrer Sondersitzung in Richtung Osten an die Aussiedler funkt - wie kompliziert und verschwiemelt sie das auch auszudrücken versucht. Und damit ist sie nicht allein. Teile der Alternativen Liste und auch der Senat haben sich in den letzten Wochen mit ähnlichen Gedanken in der Öffentlichkeit geäußert. Einige Bezirke haben bereits den Wohnungsnotstand erklärt. Angesichts der riesigen stadtpolitischen Probleme, mit denen sich die Regierungsparteien SPD und auch die Alternative Liste konfrontiert sehen, ist das nachvollziehbar. Viele der Koalitionsversprechen, die ja zunächst an die BerlinerInnen gerichtet waren, werden nicht eingelöst werden können. Die Arbeitslosigkeit wird steigen, die Sozialhilfekosten explodieren. Politische Konflikte spitzen sich zu.

Für die unter Erfolgsdruck stehende rot-grüne Koalition sind die praktischen Probleme nicht zu bewältigen. Und so will sie wenigstens die Verantwortung für die politischen Folgen nicht tragen. Also weg damit. Die Aussiedler in die anderen Bundesländer, die Schuld nach Bonn und damit zur CDU. Der Hinweis auf die „Ungerechtigkeiten“ der Aufnahmequoten und die vehemente Forderung nach Änderung ist ein reines Ablenkungsmanöver. Denn tatsächlich bewirken wird das kaum etwas. Selbst wenn zunächst einmal weniger Aussiedler nach Berlin kommen, kann sie doch niemand daran hindern, ihren Wohnsitz zu wählen wo sie wollen, sobald sie die deutsche Staatsbürgerschaft haben.

SPD und Teile der AL diskutieren jetzt in ihrer Hilflosigkeit über eine Änderung des Bundesvertriebenengesetzes - politisch gesehen eine Sackgasse. Denn lösen ließe sich das Problem nur in einer Gesamtdebatte über Zuzug, Asyl und Einwanderung. Ohne das bleibt es Fremdenpolitik zu Lasten einer ungeliebten Gruppe von Zuwanderern.

Brigitte Fehrle