„Union langfristig koalitionsverdächtig“

Peter Glotz, Vorsitzender der SPD Südbayern, zum Erfolg der REPs in Bayern  ■ I N T E R V I E W

taz: Haben Sie mit diesem Ergebnis der REPs in Bayern gerechnet?

Peter Glotz: Ja. Man mußte davon ausgehen, daß sich die „Republikaner“ für eine gewisse Zeit im Parteiensystem der Bundesrepublik festsetzen und daß sie in Bayern besser abschneiden als im restlichen Bundesgebiet. Das hängt einmal mit ihrem bayerischen Ursprung sowie mit der Herkunft und dem Auftreten ihres altbayerischen Vorsitzenden zusammen. Außerdem war ich immer der Auffassung, daß dieses Ergebnis die CSU unter die 50prozentmarke bringen wird. Das wird auch bei den nächsten Landtagswahlen im Herbst 1990 geschehen.

Warum haben die REPs gerade in den Großstädten ihre besten Ergebnisse erzielt?

Die Resistenz des katholischen Milieus in den kleinen Orten Bayerns gegen solche Parteien ist immer noch größer als in Großstädten. Zweifellos werden die REPs auch in Regionen, in denen früher die NPD hohe Ergebnisse erzielt hatte, sowie in den „Flüchtlingsstädten“ wie Waldkraiburg viele Stimmen bekommen haben.

Worauf gründet Ihr Optimismus, die REPs seien kein dauerhaftes Phänomen?

Ich will hier keine Prognosen für die nächsten hundert Jahre abgeben. Ich habe aber den Eindruck, daß die CDU/CSU, wenn sie in die Opposition gehen würde, die gleiche Chance hätte, die REPs zu verdrängen, wie es ihr vor 20 Jahren schon mit der NPD gelang. Aber Kohl wird ja noch bis zur nächsten Bundestagswahl regieren. Das heißt dieser Schönhuber wird erst einmal ein Jahr zur Konsolidierung haben. Trotzdem halte ich es für denkbar, daß eine CDU/CSU in der Opposition die REPs schnell wieder verdrängen wird. Die Union wird dann nämlich viele Positionen wieder so hart vertreten, daß sie von denen der REPs nicht mehr zu unterscheiden sein werden. Solange die Union aber an der Regierung ist, sehe ich keine Chance, den rechtsextremen Rand zu integrieren.

Gibt es noch ein anderes Integrationsmittel?

Die Entscheidung der Wähler für die REPs ist sozialer Natur. Die Handlungsmöglichkeiten irgendeiner Bundesregierung, von heute auf morgen die Situation der Menschen in diesem Land zu verbessern, sind begrenzt. Ebensowenig sind nationalistisch begründete Ressentiments von heute auf morgen zu beseitigen.

Ist mit diesem Wahlergebnis das Ende der Alleinherrschaft der CSU in Bayern eingeläutet?

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die CSU die absolute Mandatsmehrheit knapp verfehlen wird und sich dann nach einem Partner umsehen muß. Daß dazu in Bayern die FDP zur Verfügung stehen wird, halte ich für weniger wahrscheinlich.

Ist eine Koalition CSU/„Republikaner“ denkbar?

Nein, 1990 nicht. Ein solches Zusammengehen kurz vor der Bundestagswahl würde die gesamte CDU/CSU-Politik desavouieren. Trotzdem halte ich die CDU/CSU langfristig für koalitionsverdächtig.

Interview: Bernd Siegler