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Stellengebot: B'haven sucht Stadtrat

■ Werner Lenz sucht einen Nachfolger und kennt ihn ausnahmsweise selbst noch nicht

Politiker, die eine Aufgabe lange „ausgefüllt“ haben, hinterlassen üblicherweise eine mehr oder weniger schmerzlich empfundene Lücke. Zu den wenigen Ausnahmen, bei denen sich die Angelegenheit umgekehrt verhält, gehört Werner Lenz, ehemals Wirtschaftssenator zu Bremen und heute Parteivorsitzender in Bremerhavens SPD: Wo immer Lenz einen Posten räumt, pflegt er ihn anschließend nur umso gründlicher auszufüllen. Zur Zeit sucht Werner Lenz einen Nachfolger als Stadtrat für Wirtschaft - per Stellenanzeige. Die Annonce soll demnächst erscheinen.

Eine zumindest für Bremerhavener Verhältnisse ungewöhnliche Regelung. In vergleichbaren Fällen hatten sich bislang immer Genossen gefunden, die lange genug Plakate geklebt hatten, um für höhere Aufgaben empfohlen zu sein. Aus zwei Gründen kam es diesmal anders: Erstens hat die Seestadt-SPD keine absolute Mehrheit mehr und zweitens hatte Werner Lenz einen Plan. Der Verlust der absoluten Mehrheit führt zur von CDU und FDP gewünschten Stellenausschreibung, der Lenz-Plan zum einzig aussichtsreichen Kandidaten. Als Bewerber hatte Lenz sich ausgerechnet die rechte (böse Zungen behaupten: die einzige) Hand des Lenz-Intimfeinds und Nachfolgers als Bremer Wirtschaftssenators, Uwe Beckmeyer, ausgeguckt: Neuer Stadtrat für Wirtschaft in Bremerhaven sollte der Wirtschafts-Senatsdirektor Frank Haller werden. Um den Posten für Haller attraktiv zu machen, packte ihm Lenz das Finanzressort noch oben drauf. Der bisherige Stadtkämmerer, Heinz Brand, sollte in Kulturressort komplementiert werden.

Einziger Umstand, den Werner Lenz bei seinem kühnen Neuenentwurf der Bremerhavener Magistratsverhältnisse nicht auf der Rechnung hatte: Die Möglichkeit einer persönlichen Niederlage. Wunschkandidat Haller gab seinem ehemaligen Chef Lenz einen Korb und erklärte seinem jetzigen die Treue. „Für mich gibt es weder persönlich noch sachlich einen Anlaß, meine jetzige Position als Senatsdirektor beim Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer zu verlassen,“ lehnte Haller das Angebot ab.

Daß Haller bloß keinen Bock auf Bremerhaven hatte, will Lenz allerdings nicht glauben. „Ich vermute, „Haller ist unter Druck gesetzt worden“, erklärte Lenz gestern gegenüber der taz.

In der neuen Situation hat Lenz sich allerdings überraschend schnell zurecht gefunden: Statt der geplanten Stellenausschreibung für das Wirtschafts-und Finanzressort soll es jetzt nur noch eine Anzeige für einen „Stadtrat für Wirtschaft“ geben. Ob der sich auch um Bremerhavens Finanzen kümmern darf, will Lenz von der „Bewerberlage“ abhängig machen.

K.S,.

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