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Justizsenator kam aus dem Mustopf

■ Kröning erfuhr von BKA-Deal erst aus der taz / Staatsanwaltschaft mauert weiter

Bremens Justizsenator Volker Kröning hat vom Rauschgiftcoup des Bundeskriminalamts in Bremen nichts gewußt. Weder das BKA selbst noch die Bremer Staatsanwaltschaft hielt es für nötig, Kröning zu informieren, als vor gut einem Jahr 50 Kilo Kokain von BKA-Komissaren nach Bremer geschmuggelt und in zwei Bremerhavener Schließfächern deponiert wurden, um dann unter Hinweis auf „illegale Rauschgifteinfuhr“ die Observation und Telefonüberwachung angeblich Verdächtiger durchzusetzen.

Von den Methoden des BKA und ihren Konsequenzen für die Verdächtigen - immerhin sitzen drei Südamerikaner inzwischen seit über einem Jahr in Bremer Gefängnissen in Untersuchungshaft - erfuhr Kröning mit einjähriger Verspätung erst aus der taz (vgl. taz vom 23.6.). Kröning ge

stern auf Nachfrage: „Ich habe darauf umgehend einen schriftlichen Bericht des Generalstaatsanwalts angefordert.“ Eine Bewertung des Vorgehens von BKA und Staatsanwaltschaft will Kröning erst nach Vorlage des Berichts abgeben.

Allerdings empfahl Kröning der Staatsanwaltschaft inzwischen, ihre Mauerstrategie gegenüber der Presse aufzugeben. Kröning: „Ich habe gebeten, die Presse ab jetzt bei der Aufklärung des Falls miteinzubeziehen.“

Bei der Staatsanwaltschaft nützte die Empfehlung des Senators allerdings bislang überhaupt nichts. Auch gestern lehnte die ermittelnde Staatsanwältin Graalmann ebenso wie Generalstaatsanwalt Janknecht jede Stellungnahme zum Vorgehen von BKA und zur Genehmigung der Telefonüberwachung der angeblichen

Rauschgiftschmuggler ab. Auch Bremens Leitender Staatsanwalt Heinz Hermann Brauer wollte sich zu den Ermittlungen gegen führende Beamte von BKA und Bremer Ermittlungsbehörden nicht äußern. Gegen BKA-Beamte, Graalmann und Janknecht ist inzwischen eine Strafanzeige wegen des Verdachts illegaler Telefonüberwachung anhängig. (vgl. taz vom 24.6.).

Damit muß vorerst weiter offen bleiben, aufgrund welcher Indizien die Staatsanwaltschaft am 19. Mai die Abhörgenehmigungen erteilte, ob sie zu diesem Zeitpunkt bereits wußte, daß das BKA das Rauschgift selbst besorgt, „geschmuggelt“ und deponiert hatte, und was in einem Sachstandsbericht des BKA stand, den Janknecht am 27. Mai erhalten haben will.

K.S.

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