Quotierungsstreit

■ Gesetze statt Verwaltungsvorschriften

Ein bißchen mehr Großzügigkeit hätten wir uns vom Oberwaltungsgericht in Münster schon gewünscht. Vor dem Hintergrund, daß in Nordrhein-Westfalen das von den Richtern gewünschte Fördergesetz demnächst verabschiedet wird, ist ihre Entscheidung zwar formal richtig, aber dennoch engherzig. Die bisherigen Richtlinien, so argumentierte das Gericht, dürften als bloße Verwaltungsvorschriften den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht einschränken. Ironie der Geschichte: Das geplante Fördergesetz wird mit Männern weitaus härter umspringen. Frauen sollen nicht nur, sie müssen im Öffentlichen Dienst bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt werden, solange ihr Anteil nicht 50 Prozent beträgt. Eine Einschränkung bildet allerdings das „Benda-Schwänzchen“, benannt nach dem ehemaligen Richter des Bundesverfassungsgericht. Danach gibt es die „Einzelfallgerechtigkeit“: Bei gewichtigen sozialen Gründen dürfen Ausnahmen zugunsten von Männern gemacht werden.

Die Münsteraner Richter haben dennoch auf eine wichtige Tatsache aufmerksam gemacht: Die Durchsetzung der Quote ist mehr als ein Verwaltungsakt. Ihre juristischen Müttern haben sie als ein Mittel gedacht, um die strukturelle Diskriminierung, der Frauenn unterliegen, aufzuheben. Selbstverständlich ist der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes berührt, aber in dem Sinne, daß das Ziel der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Mann und Frau, in der Realität nicht durchgesetzt ist. Eben darum verlangen grüne Frauen, aber auch zunehmend Juristinnen und Frauen aus dem konservativen Lager Quoten und Anti -Diskrimierungsgesetze.

Die Zeit der Förderrichtlinien, der Appelle und Kann -Vorschriften, so lehrt diese Entscheidung, ist abgelaufen. Nicht nur, weil diese effektiv zu wenig bewegen, sondern weil sie rechtlich zu wenig Sicherheit bieten. Das eine Verwaltungsgericht entscheidet für die Frau, das andere für den Mann, wie in Nordrhein-Westfalen in einem Jahr geschehen. Aber nicht nur die Länder sind gefordert, aus ihren Richtlinien Gesetze zu machen. Noch viel mehr ist es Sache des Bundes, hier voranzugehen - viel mühselige Arbeit in den Landesparlamenten würde sich erübrigen. Aber von der Bundesregierung und ihrer konturlosen Frauenministerin Ursula Lehr ist da leider nicht viel zu erwarten.

Helga Lukoschat