Scherf sucht neue Pflegeeltern

■ 556 Kinder leben in Bremer Heimen - der Sozialsenator will sie in Familien unterbringen

Raus aus den Heimen - rein in die Familien, das ist die Devise des Pflegekinderdienstes (PKD) in Bremen. Im vergangenem Jahr lebten in Bremen 471 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien; für 556 Kinder hieß die Alternative allerdings: ab in's Heim. „Entschieden zu viele“, meinen die MitarbeiterInnen des PKD.

Damit möglichst viele Kinder und Jugendliche, Heimtüren nur von außen sehen müssen, hat der PKD zusammen mit Sozialsenator Henning Scherf eine Informationskampagne gestartet. Ziel der Aktion: mehr Pflegeeltern und Familien für die nicht gerade einfache und problemlose Dauerpflege zu gewinnen. Ungefähr 200 mal im Jahr kommt es allein in Bremen vor, daß Kinder aus zerrütteten und kaputten Familienverhältnissen herausgeholt werden müssen. „In den meisten Fällen ist dann die Vermittlung in eine Pflegefamilie die für das Kind bessere Lösung als die Un

terbringung in ein Heim“, so Scherf gestern auf einer Pressekonferenz. Bis es aber soweit ist, „hat das Kind schon ein kleines Schicksal hinter sich“, so Dagmar Märker, Mitarbeiterin des PKD. Die Kinder erleben sich häufig abgelehnt, abgewiesen und wertlos - fühlen sich verlassen. Aggressives und destruktives Verhalten, Lernstörungen und ähnliches sind nur einige Folgen. Genau diese Schwierigkeiten und Probleme, machen eine Dauerpflege so schwieig und schrecken viele potentielle Pflegeeltern ab, ältere Kinder zu betreuen. Anders bei den kleineren Kinder: „Die sind noch nicht so verbogen, da kann man noch was machen,“ denken viele Eltern.

„Wir haben in unserer Kartei noch Eltern, die Kinder - auch ältere - suchen. Die Auswahl muß aber unbedingt größer werden“, so ein PKD-Mitarbeiter, denn: für jedes Kind muß eine individuell-passende Familie ge

funden werden. Das Auswählen ist nicht einfach und nimmt oft Monate in Anspruch. Bevor Pflegeeltern überhaupt Kinder vom PKD vermittelt bekommen, werden sie in mehreren ausführlichen Gesprächen über denkbare Schwierigkeiten, informiert. Wenn dann alles klappt, muß ein Kind weniger ins Heim.

Einen Grund zur Freude hat dann auch Sozialsenator Scherf, nicht nur aus humanitären Gründen. Reißt doch die Vermittlung von Kindern in Pflegefamilien ein weitaus geringeres Loch in die

Staatskasse, als die Vermittlung eines Heimplatzes. Der kostet dem Staat nämlich mindestens 4000 bis 5000 Mark pro Monat, während sich die Pflegefamilien mit 600 bis 1200 Mark, je nach Alter - begnügen müssen.

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Für Paare oder Familien, die Kinder und Jugendliche in Dauerpflege aufnehmen wollen, gibt es in Informationsabende. Region Mitte-West: 5.Juli, 17 Uhr, Hans-Böckler-Str.9. Region Süd: 5.Juli, 19.30 Uhr, Pappelstr. 100 Region Ost. 5.Juli, 17 Uhr, Wilhelm-Leuschner-Str. 27