Vom Umgang mit dem illegitimen Kind

■ Die Debatte in der Union um die „Republikaner“ hat gerade erst begonnen

Der CDU-Stahlhelmer Dregger hat auf der Führungsebene der Union nun jene Spannweite wiederhergestellt, die an der Basis der Partei ohnehin vorhanden ist: Die „Republikaner“ sind nicht das ganz andere, die eindeutig und unmißverständlich identifizierbare politische Divergenz zur Union, sondern ein illegitimes Kind des rechtskonservativen, nationalistischen Milieus, das bisher von der Strauß-CSU und vom rechten CDU-Flügel bedient worden ist. Was liegt also näher, als eben diesen rechten Flügel wieder stark zu machen? Dann werden die WählerInnen schon wieder, so Dreggers einfältige Schlußfolgerung, in den Schoß der Union zurückkehren und die „Republikaner“ von der parlamentarischen Bildfläche verschwinden.

Dreggers Äußerungen stellen innerparteilich sozusagen das Gleichgewicht wieder her, das durch die eindeutigen Abgrenzungen durch Geißler und Späth, aber auch durch Äußerungen des Bundeskanzlers in Schieflage geraten war. Denn so eindeutig, wie die Unionsführung im ersten Schock nach der Europawahl sich zu den „Republikanern“ äußerte, ist die Stimmung an der CDU-Basis und schon gar in der CSU keineswegs. Das wissen natürlich auch die Unionsführer. Und deshalb scheint sowohl bei der Ausgrenzungsstrategie Geißlers als auch bei der Umarmungsstrategie Dreggers das taktische Motiv deutlich durch: Nicht der Rechtsradikalismus ist das Problem, sondern daß er sich politisch ausdrückt, sich parteipolitisch formiert. Und weil das Taktieren so leicht zu durchschauen ist, wird die Union sich ihrer rechten Konkurrenz auf diese Weise auch nicht entledigen können.

Es ist leicht vorhersehbar, daß die Debatte in der Union über den Umgang mit den „Republikanern“ noch längst nicht abgeschlossen, sondern gerade erst eröffnet ist. Daß sich dabei allerdings Dregger, der ewig Gestrige, der von seinen eigenen Mannen schon kaum noch ernst genommen wird und an der Fraktionsspitze sein politisches Gnadenbrot verzehrt, durchsetzen wird, ist unwahrscheinlich. Denn er empfiehlt den verknöcherten Konservatismus von gestern gegen eine rechtspopulistische Strömung, die durchaus moderne Züge hat und erhebliche Teile des jugendlichen Protestpotentials für sich mobilisiert.

Martin Kempe