Kapitalistischer Puffer

■ Österreich soll besser nicht EG-Mitglied werden

Für vieles muß das Argument „Binnenmarkt“ herhalten - jetzt auch für die Modernisierung der österreichischen Wirtschaft. Sie gilt als antiquiert: Aufgrund zahlreicher Vorschriften sind dort große Teile des Gewerbe- und Dienstleistungssektors vor in- und ausländischer Konkurrenz geschützt. Hinzu kommt die übermächtige Bedeutung der staatlichen „Österreichischen Industrieholding AG“ und ihrer zahlreichen Firmentöchter. Deregulierungen und Privatisierungen, Hits der Wirtschaftspolitik der 80er Jahre, lassen sich nun auch in Wien mit dem Hinweis auf die Anpassungsprozesse innerhalb der EG am leichtesten begründen.

Durchaus ernstzunehmen ist dabei die Ankündigung der Regierung, eine Wirtschafts-, Finanz- und Währungspoliik betreiben zu wollen, die so tut, als sei das Land schon EG -Mitglied - auch wenn es noch völlig in den zwölf Sternen steht, ob Brüssel dem Wiener Begehren, wenn überhaupt, noch in diesem Jahrtausend stattgeben wird. Schließlich enthält der österreichische Staatsvertrag einen Neutralitäts -Vorbehalt, der von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen wird, aber dem langfristigen Ziel der Politischen Union EG-Europas schlichtweg entgegensteht.

Was für die österreichischen Integrationisten als Nachteil gelten mag, hat für die Kommission in Brüssel durchaus geostrategischen Vorteile. Österreich wäre zwar Netto-Zahler in der EG, hat seinen Schilling schon längst fest an die D -Mark gekoppelt, verfügt über einen weitgehend EG -orientierten Außenhandel und eine relativ entwickelte Infrastruktur einschließlich der begehrten Alpenpässe. Bedeutsamer ist jedoch für Brüssel, daß sich das Land aufgrund seiner EG-Randlage als neutralistisch -kapitalistische Drehscheibe zwischen der EG und Staaten wie Ungarn und Jugoslawien eignet, deren Wirtschaft in einem viel zu desolaten Zustand ist, als daß sie gleichfalls in die EG aufgenommen werden könnten. Da ist, unter welchem Namen auch immer, eine nach Osten und Südosten erweiterte Freihandelszone mit regionaler österreichischer Hegemonie für die Kommission politisch interessanter als eine Erweiterung des EG-Territoriums um drei Prozent.

Dietmar Bartz