Wahlen über alles

■ Likud-Parteitag verabschiedet den Schamir-Plan (Verion 2)

Mit den Beschlüssen des Likud-Blocks zum Schamir-Plan ist die radikale Siedlerbewegung Gush Emunim de facto in die israelische Regierungskoalition eingezogen. Ihr Fürsprecher, Schamirs Kontrahent Scharon, konnte einen vollen Sieg verbuchen, als der Likud die vier ergänzenden Punkte der innerparteilichen Hardliner übernahm, in denen auch eine Ablehung jedweden Dialogs mit der PLO bekräftigt wird. Mit dem Beschluß vom Mittwoch hat der Likud-Block seinen politischen Immobilismus, hinter dem der unbegingte Wille zur Aufrechterhaltung des Status quo in den besetzten Gebieten steht, mit noch größeren Lettern als zuvor auf seine Fahnen geschrieben.

Doch wer vor der Realitiät die Augen dermaßen fest verschließt, sollte sich nicht wundern, wenn das Erwachen bitter ist. Ein halbes Jahr nach der Anerkennung Israels durch die PLO fehlt noch immer jedes positive Signal aus Jerusalem. Im Gegenteil: Positionen radikaler Expansionisten werden festgeschrieben, und in Palästina kündigt sich durch eine ganze Serie neuer Unterdrückungsmaßnahmen eine weitere Verschärfung an. Palästinenser, die befürchtet hatten, der Schamir-Plan (Version 1) werde lediglich zu einer Art Autonomie bei Aufrechterhaltung der Besatzung führen, werden sich jetzt bestätigt sehen. Denn worüber soll eigentlich verhandelt werden, wenn die größte israelische Regierungspartei auch nach anderthalb Jahren Aufstand nichts besseres zu tun hat, als festzuschreiben, worüber auf gar keinen Fall geredet werden darf?

Dennoch wird sich die PLO in Tunis zweimal überlegen, wie sie auf die Likud-Beschlüsse reagiert, denn sie ist vor allem an der Aufrechterhaltung eines Gesprächsprozesses interessiert. Während Schamir die Klientel der radikalen Expansionisten befriedigt und damit eine Spaltung seiner Partei vermieden hat, bemühten sich die PLO und die USA in den letzten Wochen, seinen Plan (Version 1) überhaupt erst für die Palästinenser akzeptabel zu machen. Auf der Strecke bleibt der mit großem Theaterdonner angekündigte sogenannte „Friedensplan“ des israelischen Ministerpräsidenten. Er reduziert sich mittlerweile auf das Wort, das speziell in US -amerikanischen Ohren einen guten Klang hat: Wahlen. Die Frage, wie lange die Palästinenser noch hingehalten werden können, steht dabei auf einem anderen Blatt. Dem muß auch die PLO in Tunis Rechnung tragen. Alle Zeichen deuten darauf hin, daß Israel und Palästina ein heißer Sommer bevorsteht.

Beate Seel