Lehnstuhlreisen: Janos Ritsos "Die Nachbarschaften der Welt" / Dido Sotiriu: "Grüß mir die Erde, die uns beide geboren hat" / Maragarita Karapanu: "Kassandra und der Wolf"

Diskret verschweigt der „Touristische Führer“, der überall auf Samos verkauft wird (Dimitris G. Davaris: Samos. Die Insel des Polykrates), ein einschneidendes Ereignis der Inselgeschichte: die Besetzung durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Der große griechische Poet Jannis Ritsos, der in diesem Jahr seinen 80.Geburtstag feierte, widmete dem Kampf um Freiheit und dem Widerstand in Griechenland während der deutschen Besatzungszeit ein lyrisches Epos: Jannis Ritsos: Die Nachbarschaften der Welt. 144S., 19.80 DM. Romiosini Verlag

Noch weiter in die griechische Vergangenheit zurück geht der Roman von Andreas Karkavitsas „Der Bettler“. Er zeigt das Leben und die „Untaten“ eines Berufsbettlers in Griechenland nach der Revolution von 1821. 182S., 16.80 DM, Romiosini-Verlag

Eine Reise in die Vergangenheit kann der Leser mit dem Buch von Karl Krumbacher unternehmen: „Griechische Reise. Blätter aus dem Tagebuch einer Reise in Griechenland und in der Türkei“. Das Buch ist zum ersten Mal 1986 in Berlin erschienen und 1979 im Reprint Verlag Dion. Karavias in Athen wiederaufgelegt. 390S., 25.20 DM

Um Geschichte aus den Augen einer (bestimmten) Frau geht es in dem Roman „Das siebte Gewand“ von Evjenia Fakinu. Die Autorin erzählt von drei Frauen, drei Generationen, drei Leben, geprägt von der griechischen Landschaft. „Es sind die Frauen..., die auf ihren Schultern die prägenden Momente des Lebens tragen“, heißt es im Verlagstext. Ein Kompliment für die weibliche Hälfte der Menschheit? 124S., Romiosini Verlag, 16.80 DM

Ein Geheimtip unter deutschen Griechenlandfans und eines der erfolgreichsten Bücher der letzten Jahrzehnte in Griechenland ist der historische Roman „Grüß mir die Erde, die uns beide geboren hat“ von Dido Sotiriu. Sein Thema ist das Verhältnis zwischen Türken und Griechen vor der „großen Katastrophe von 1922“. Die Autorin, laut Verlag die „Grande Dame der griechischen Prosa“, schildert das Schicksal eines Menschen, der unmittelbar betroffen ist von der Politik der Großmächte im Ersten Weltkrieg und der blutigen Vertreibung der Griechen aus Kleinasien. 240S., 24.80 DM, Romiosini Verlag

Wie sieht ein Mädchen die Aufteilung der Welt in Arm und Reich, weiblich und männlich? Maragarita Karapanu sagt es in dem Buch „Kassandra und der Wolf“. Die sechsjährige Kassandra kommt aus einer reichen Familie im vornehmen Athener Viertel Kolonaki. „Seltsam“ seien die Personen in der und um die Familie, meint der Verlag. Warum? Weil mal nicht die Großmutter den Großvater fürchtet, sondern umgekehrt? Weil nicht Onkel Charilaos eine besondere Vorliebe für Whisky hat, sondern Tante Petra? Oder weil Petro bisexuell ist? 129 S., 19.80 DM, Romiosini Verlag

Mitten aus dem Leben gegriffen sind auch „Die Alte und der Furz als Entlastungszeuge“. Zwar stammt die muntere, kleine Geschichte aus einer Sammlung mit griechischen Volksmärchen. Aber wer sagt denn, daß Wirklichkeit und Phantasie nur in getrennten Welten existieren (müssen)? Georgios Aridas (Hrsg.): Und sie lebten glücklich... Griechische Volksmärchen. 259S., 45 DM, Röderberg Verlag

Wer mit Phantasie und Humor Schwiegermütterprobleme aufarbeiten möchte: „Die Schwiegermutter aus Zucker“. Diese Märchen stammen aus Kreta und sind von Maria Amariotu gesammelt. 189S., 12.80 DM, Romiosini Verlag

Hannegret Binsenbaum