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Ja zur Umwelterziehung, aber warum?

■ Pädagogen diskutierten mit Bildungssenator Franke Möglichkeiten schulischer Umwelterziehung

Umwelterziehung: Ein Lehrer will mit seinen SchülerInnen eine Hecke pflanzen. Die Pflanzen müssen gekauft werden, eine Genehmigung muß natürlich auch sein. Kann man das von einem „normalen Pädagogen“ verlangen? Nein, meint Hans -Martin Kochanek. Kochanek ist Leiter des Schulbiologiezentrums Leverkusen und im Sprecherrat der bundesdeutschen Umweltzentren und war am Freitagnachmittag neben Gerda Freise, „Vordenkerin eines integrierten naturwissenschaftlichen Unterrichts“ und Bildungssenator Horst-Werner Franke, Podiumsdiskutant zum Thema: „Hat die schulische Umwelterziehung versagt?“.

Ja, meint Kochanek, denn wenn siebenjährige Kinder sorglos Brennesseln anfassen und sich dann wundern, wenn es brennt, dann muß etwas in Argen liegen mit der kindlichen Wahrnehmung von Natur. „Sie haben Umwelterziehung auf das Kennenlernen von Natur reduziert“, konterte Franke. „Für mich ist das ein politisches Fach.“ Konter von Kochanek: Erst müßten die Kinder affektiv lernen, bevor es zu Verhaltensänderungen kommen könne. Franke: „Ich bin skeptisch, ob Verhaltensänderungen von der Schule organisiert werden können.“

Damit war das Thema der zweistündigen Diskussion im

Überseemuseum umrissen. Nicht die von den Organisatoren, der Ökologiestation, der Umweltstifftung WWF und der Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich, gestellte Thema, ob Umwelterziehung versagt habe, sondern die Frage, was Umwelterziehung den überhaupt bewirken könne, stand im Mittelpunkt.

Grundsätzlich hat Franke gegen mehr Umwelterziehung nichts einzuwenden, aber viel Hoffnung damit etwas zu ändern, hat er nicht: „Wir können das Elend der Welt nicht mit den Mitteln der Schule lösen.“

Da zeigte sich Schulelternsprecherin Marianne Isenberg ver

wundert, über Frankes Resignation und vermutete dahinter die Haltung: „Schule kann nichts ändern, also muß ich nichts ändern.“ Ähnlich ein Lehrer, der mehr Freiräume im schulischen Alltag verlangte. Franke: „Wenn sie Projekte machen wollen, sind sie legitimiert zu sagen: eine Woche wird umstrukturiert.“

Aber wie ist das dann, mit der Genehmigung für die Hecke? Meinte Gerda Freise: „Man sollte den Lehrern keie Handreichungen geben, dann erarbeiten sie sich nichts. Die Sachen liegen auf der Straße und können von einem kompetenten Lehrer aufgehoben werden.“

hbk

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