Die neue „Rainbow Warrior“ läuft vom Stapel

■ Greenpeace stellt heute ein neues Umweltschutzschiff in Dienst / Genau vier Jahre nachdem der französische Geheimdienst die alte „Rainbow Warrior“ versenkt hat, läuft das neue Schiff der Umweltorganisation vom Stapel / Erstes Schiff mit Wind-Motor-Antrieb

Hamburg (taz) - Als die „Rainbow Warrior“ im Juni 1985 in Florida in See sticht und Kurs auf den Pazifik nimmt, ahnt keines der 27 Besatzungsmitglieder, daß sie zu ihrer letzten Fahrt aufbricht. Die Bewohner der Südseeinsel Rongelap hatten Greenpeace um Hilfe gebeten. Strahlengeschädigt durch die 30 Jahre zuvor von den Amerikanern gezündete H-Bombe über dem Bikiniatoll, suchten sie jetzt gezwungenermaßen eine neue Heimat. Nach der erfolgreichen Umsiedlung der Rongelapnesen auf eine andere Insel brach die „Rainbow Warrior“ zum zweiten Abschnitt ihrer Mission auf: zum Mururoaatoll, nukleares Testgebiet der Franzosen. Ihr Ziel sollte sie nie erreichen.

Am 7. Juli 1985 läuft die „Rainbow Warrior“ im Hafen von Auckland/Neuseeland ein. Drei Tage später, am 10. Juli, zerreißt der Knall einer Explosion die stille Nacht. Elf der zwölf Besatzungsmitglieder, die sich noch zu diesem Zeitpunkt an Bord befinden, retten sich schwimmend; den portugiesischen Fotografen Fernando Pereira kostet das Attentat des französischen Geheimdienstes das Leben.

Die „Rainbow Warrior“ und mit ihr mehr als sechs Jahre Kampf für die Umwelt versinken am Marden Wharf innerhalb von zwei Minuten. Benannt nach einer Prophezeiung der Creeindianer in Vancouver, nach der die Regenbogenkämpfer inmitten des ökologischen Infernos kommen werden, um die bedrohte Natur zu retten, nahm das Flaggschiff der grünen Flotte erstmals 1978 seinen Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt auf: Das ehemalige Fischereikontrollschiff hinderte den englischen Giftmüllfrachter „GEM“, radioaktiven Müll aus britischen Krankenhäusern, Forschungslabors und Atomkraftwerken 500 Meilen vor der spanischen Atlantikküste im Meer zu versenken.

Zwei Jahre später entkommt das grün-bunte Schiff mit dem Regenbogen am Bug nur um Haaresbreite den Fängen der spanischen Gerichtsbarkeit. Die beiden Schlauchboote der „Rainbow Warrior“ hatten sich zuvor 60 Meilen vor der spanischen Küste im europäischen Atlantik einem Finnwaljäger in den Weg gestellt. Dieser rief die spanische Marine zu Hilfe, die das Umweltschiff enterte und im Hafen El Ferrol beschlagnahmte. Trotzdem hatte Greenpeace damit drei Walen das Leben gerettet und sollte dafür 220.000 Mark Strafe zahlen. Andernfalls drohte der Verlust des Schiffes. Fünf Monate lang wurde die „Rainbow Warrior“ rund um die Uhr von spanischen Polizisten bewacht, ehe es den „Greenpeacern“ gelang, das von den Behörden ausgebaute Antriebsteil nachbauen zu lassen und heimlich wieder zu montieren.

Fast filmreif überlistete die Crew die spanischen Bewacher und floh aus dem ungastlichen Marinestützpunkt. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Ein Jahr später, Einsatzgebiet Nordsee: In Rotterdam hindert die „Rainbow Warrior“ zwei Frachter am Auslaufen, die Dünnsäure in die Nordsee verklappen sollen; 1981 schützen die Regenbogenkämpfer Robbenbabys in Labrador vor dem blutigen Geschäft der Robbenschläger.

Es wird ruhiger um das Flaggschiff der grünen Flotte, bevor es 1985 zu seinem letzten Auftrag startet.

Nach dem Inferno von Auckland geht eine Welle der Empörung rund um die Welt. UmweltschützerInnen heften sich trotzig ans Revers, was heute, auf den Tag genau vier Jahre nach dem heimtückischen Anschlag, Wirklichkeit werden soll: You can't sink a rainbow - einen Regenbogen könnt ihr nicht versenken. Die neue „Rainbow Warrior“ wird um elf Uhr an der Überseebrücke im Hamburger Hafen eingeweiht.

Bereits im Frühjahr 1987 machten sich die Mitarbeiter von Greenpeace Deutschland auf, ein neues Flaggschiff zu finden. Im November desselben Jahres stießen sie im Hafen von Aberdeen, an der schottischen Ostküste, auf den Fischtrawler „Grampian Fame“. Für Projektleiter Joachim Pett war es Liebe auf den ersten Blick. Für 300.000 Mark ging das 55 Meter lange und achteinhalb Meter breite Schiff in den Besitz der Umweltschützer über. Seit vergangenem Frühjahr wird es, gehütet wie ein Staatsgeheimnis, auf dem Trockendock der Jöhnk-Werft in Hamburg-Harburg für 6,7 Millionen Mark nach Greenpeace‘ Bedürfnissen umgerüstet.

Die neue „Rainbow Warrior“ ist das erste der insgesamt sieben Greenpeaceschiffe, das über einen kombinierten Wind -Motor-Antrieb verfügt. Eine von der Hamburgischen Schiffsbauversuchsanstalt speziell entwickelte Segelkonstruktion, das Indosail-Rigg, nutzt den Wind automatisch jederzeit optimal aus. Damit soll das Schiff auf langen Strecken bis zu 80 Prozent Treibstoff sparen.

Für schnelle Störmanöver sorgen neben zwei Schlauchbooten auch eine spezielle Konstruktion der Schiffsschraube und zwei auskuppelbare Dieselmotoren (je 500 kW).

Mehr als 20.000 Seemeilen (rund 37.000 Kilometer) wird die bis zu 13 Knoten (etwa 24 km/h) schnelle „Rainbow Warrior“ zurücklegen, vielleicht mit einem glücklicheren Schicksal als ihre Vorgängerin.

Sonia Shinde