Wiedersehen mit Auschwitz

■ Bremer Schwule besuchen ehemaliges KZ / Hamburger Grüne gaben 3.000 Mark, Bremer keine Antwort

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wird diese Woche eine Gruppe von Homosexuellen nach Auschwitz fahren. Die 16 Bremer und vier Hamburger wollen mit dem Besuch der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers vor allem auf das vergessene Schicksal der schwulen KZ -Häftlinge aufmerksam machen: Überlebt haben wenige, weil sie aufgrund ihres „Negativ-Image“ selten in die Lagergemeinschaft intergriert wurden. Aber auch nach 1945 wurden Homosexuelle verfolgt. Ein Bremer z.B., der Auschwitz überlebte, wurde in den 50er Jahren als „Wiederholungstäter“ eingesperrt und kam erst 1969 frei.

Eine Woche will die Gruppe in Auschwitz verbringen; das Programm wurde mit der Aktion Sühnezeichen geplant und sieht

nicht nur Führungen vor, sondern auch Arbeit. Die jüngeren Teilnehmer sollen bei der Instandhaltung der Gedenkstätte helfen, die Älteren werden im Archiv arbeiten: „Genaueres wissen wir noch nicht, aber wir lassen uns überraschen.“ Danach wollen sie sich in Krakau und Breslau mit polnischen Schwulengruppen treffen.

Auf die Idee war das Rat&Tat-Zentrum gekommen, nachdem vor etwa einem Jahr ein ehemaliger Rosa-Winkel-Häftling um Hilfe bei der Antragstellung für Entschädigungsleistung bat. Seitdem setzt sich die Gruppe mit dem Schicksal von den Nazis verfolgter Bremer Schwulen auseinander, das selbst in den umfangreichen Bremer Publikationen kaum erwähnt wird.

Zwei dieser „Ehemaligen“, beide heute über 70, werden mit

fahren nach Polen. Wenigstens ihnen wollte die Gruppe die Reise finanzieren und ansonsten die Kosten auf 500 DM pro Teilnehmer beschränken. Dazu hätte sie finanzielle Unterstützung gebraucht, und die blieb aus: Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit bedauerte, (“ Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und der begangenen Verbrechen sind Langzeitaufgaben. Die Nachfrage...ist jedoch so stark angestiegen, daß wir bei weitem nicht allen Wünschen...“), der Parlamentarische Staatssekratär beim Finanzminister, Manfred Carstens, bedauerte - trotz Fürsprache der Bremer SPD-Abgeordneten Waltemathe und Koschnick („Die gesetzlichen Regelungen sehen ausnahmslos nur Leistungen zur persönlichen Wiedergutmachung für

erlittenes NS-Unrecht vor“), das Bundespräsidialamt, die Friedrich Ebert Stiftung, die Bremer Landesbank, die Friedrich Naumann-Stiftung bedauerten.

Nur die Bremer Grünen bedauerten nicht. Sie schickten nicht einmal einen Antwortbrief - geschweige denn Zuschüsse.

Vorstandsmitglied Günter Warsewa: „Wir haben den Antag bekommen und behandelt“. Allerdings sei man zu der Auffassung gekommen, „die Sache nur dann zu unterstützen, wenn das Ultima Ratio wäre“.

Neben dem Bremer Sozialsenator und der Sparkasse Bremen spendeten dafür die Hamburger Grünen 3000 DM. „Das Geld war binnen einer Woche da“, so Jörg Hutter vom Rat&Tat-Zentrum, „auf das Geld vom Bremer Senator warten wir noch.

rn