Nachschlag zum Kalten Krieg

Nach 23 Jahren Anklage wegen Befreiung eines Spions in Großbritannien  ■  Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) - Gegen zwei Veteranen der britischen Friedensbewegung ist jetzt in London Anklage erhoben worden, weil sie am 20.Oktober 1966 dem sowjetischen Spion George Blake zur Flucht aus dem Londoner Gefängnis „Wormwood Scrubs“ verholfen haben. Die beiden Angeklagten Patrick Pottle (51) und Michael Randle (55) hatten den Hergang der Flucht in dem im April dieses Jahres veröffentlichten Buch detailliert beschrieben (The Blake Escape: How we freed George Blake and why.)

George Blake arbeitete in den fünfziger Jahren für den britischen Geheimdienst MI-6, gleichzeitig jedoch auch für den sowjetischen Geheimdienst, wofür er 1961 von einem Londoner Gericht zu 42 Jahren Haft verurteilt wurde. In „Wormwood Scrubs“ lernte Blake die beiden jetzt Angeklagten kennen, die dort eine 18monatige Haftstrafe für die Organisation einer Demonstration gegen den US -Luftwaffenstützpunkt Wethersfield verbüßten. Pottle und Randle waren Gründungsmitglieder der Anti-Atom-Bewegung „Committee of 100“. Im Oktober 1966 halfen sie Blake und dem Iren Sean Bourke, der die Flucht vorbereitet hatte, aus „Wormwood Scrubs“ zu entkommen. Später versteckten sie den Spion und schmuggelten ihn nach Ost-Berlin. Blake lebt heute in Moskau.

Pottle und Randle bestreiten die ihnen zur Last gelegten Anklagepunkte nicht, fühlen sich jedoch „moralisch unschuldig“. Sie wollen den Prozeß dazu nutzen, „das unmenschliche Urteil gegen Blake bloßzustellen und auf die Gefährdung der Demokratie durch die britischen Sicherheitsdienste hinzuweisen“.

Die beiden Angeklagten blieben ohne Auflagen in Freiheit. Der nächste Gerichtstermin wird am 7.August stattfinden.