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Mehr vor die Haustür!

■ Bremerhavener plätschern recht zögerlich zu ihrem Nordsee-Festival

Mittwoch, 12 Uhr mittags: Zur Eröffnung des 1. Bremerhavener Nordsee-Schutz-Festivals ist die Freifläche am Weserdeich zwischen Schiffahtrsmuseum und Strandhalle noch trostlos leer. Die Infozelte von sechs Umweltschutzgruppen, der 18 m lange Bus von Greenpeace (mit Labor für Wasseranalysen) und der Ausstellungsbus einer Wilhelmshavener Öko-Initiative (mobile Energie- und Umweltberatung) warten auf Besucher. Vor dem eindrucksvollen „de opera„-Zelt aus Holland (mit Balkon und 450 Plätzen) spielt die BdP-Theater-Gang „Wildwux“ drei Sketche. Auf dem nahegelegenen Deich oberhalb des Festival-Geländes strömen Touristen in Gruppen und Jugendliche klassenweise vorbei. Die wenigsten scheinen zu wissen, was hier vor sich geht.

Die Vorauswerbung für das Festival war denkbar dünn. Das Programmheft wurde spät verteilt, nur wenige Plakate wenig sichtbar - von einer Werbefirma - ausgehängt. Während die halbe Stadt ins Colani-Fieber fiel, und der Hinweis auf die sanft geschwungenen Formen des Mei

sters an jeder Straßenecke hängt, hatten sich die Berliner Planer aus der Entfernung offenbar zu sehr auf die einheimischen Bremerhavener Werbestrategen verlassen. Auf massenhaften Besuch sind sie schon aus finanziellen Gründen angewiesen, denn die Privatinitiative des in Bremerhaven aufgewachsenen Berliner Musikers Ulf Werner kostet die Veranstalter nach eigenen Angaben rund 60.000 DM. Für die Hälfte des Betrages ist die Stadt Bremerhaven mit einer Ausfallbürgschaft angetreten. Holger Hund, Werners Berliner Mitorganisator, lobt den Kulturdezernenten Horst von Hassel, der sie stark unterstützt habe: „Ein toller Mensch“. Gesponsert wird das Festival auch von Radio Bremen, von den Ökofonds Bremen und Niedersachsen, von Becks und Biobier und von der Nordseezeitung, die das dicke Programmheft unentgeltlich gedruckt hat.

21 Veranstaltungen in fünf Tagen: Die aparte Mischung aus Konzerten, Lesungen, Kabarett, Diskussionen und Vorträgen ist für Bremerhavener Verhältnisse reichlich groß dimensioniert. Die

„Müllfischer“, Bremerhavens Lokal-Kabarett mit stadtprominenter Besetzung („Uns kennt keiner, aber in Bremerhaven sind wir weltberühmt“) konnten das große Zelt mittwochabend mühelos füllen. Das Berliner Ensemble „Forum Neue Musik“ mußte sich für ein außergewöhnliches Avantgarde -Programm mit einem mäßig besuchten Gemeindesaal zufriedengeben. Hans Happe

Die wichtigsten Veranstaltungen am Wochenende: Wolf Biermann (Fr., 14.7., 20.00, de opera-Zelt).

Berliner Saxophon Quartett (Sa., 20.00 im gleichen Zelt).

Podiumsdiskussion über „Die chemische Industrie der Zukunft - eine Chance für die Nordsee?“ (So., 11.00, Zelt). Am gleichen Tag das Boccherini-Trio Berlin mit Vivaldi, Boccherini, Mozart („Große Kirche“ 16 Uhr). Um 20.30 Abschlußkonzert mit Helmut Debus und Paddy Meindock.

Ausfällt: „Der tollste Tag“, Komödie von Peter Turrini. Stattdessen: „Die Wolkenschieber“, Kindermitmachtheater, Fr., 16.00, de opera-Zelt.

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