Salvadors Guerilla im O-Ton aus Berlin

■ Guerillasender 'Radio Venceremos‘ eröffnet Pressedienst für deutschsprachigen Raum / Nachrichten und Berichte über Telefax in deutsche Redaktionsräume

Berlin (taz) -Informationen aus erster Hand über die Guerilla in El Salvador - übersetzt und vertrieben in Berlin -Kreuzberg: Der Guerillasender 'Radio Venceremos‘ eröffnete in der vergangenen Woche einen Pressedienst für den deutschsprachigen Raum. Nun sollen die Betroffenen berichten, nicht die ausländischen Korrespondenten: ein Ansatz, um dem weltweiten Informationsmonopol der Industriestaaten entgegenzuwirken. Nelson Govea, Journalist von 'Radio Venceremos‘, der eigens zur Eröffnung des Büros nach Berlin reiste, begründet die Notwendigkeit des Pressebüros zudem noch mit der in Europa spärlichen Berichterstattung über die sich seit der Machtübernahme durch die rechtsextreme Arena-Partei zuspitzende Lage in El Salvador.

'Radio Venceremos‘ verbreitet in El Salvador schon seit 1981 Nachrichten und offizielle Stellungnahmen der Guerillafront FMLN. Während die USA die salvadorianischen Rundfunk- und Fernsehstationen finanziell massiv unterstützen, müssen 'Radio Venceremos‘ und andere Guerillasender aus dem Untergrund heraus mit geringen Etats dem US-Weltbild entgegenwirken. Bisher beschränkte sich die Tätigkeit des Guerillasenders im Ausland auf die Solidaritätsarbeit und die Veröffentlichung wöchentlicher Zusammenfassungen der wichtigsten Meldungen zum Befreiungskampf. Der jetzt in Berlin eingerichtete Pressedienst wendet sich dagegen mit den angebotenen aktuellen Informationen, Hintergrundberichten und Stellungsnahmen der FMLN in erster Linie an Zeitungen und Rundfunk. Die Texte werden ins Deutsche übersetzt und mit Telefax an die Zeitungen weitergeleitet.

Laut Nelson Govea verfolgt 'Radio Venceremos‘ mit diesem Projekt auf längere Sicht zwei Ziele: Einerseits soll die bestehende Informationslücke geschlossen werden, indem insbesondere die von den westlichen Agenturen vernachlässigten Aspekte aufgegriffen werden, andererseits soll der Pressedienst die Standpunkte der FMLN einer breiteren Öffentlichkeit zugängig machen.

Ob dies gelingt und ob sich das Pressebüro behaupten kann, hängt nicht zuletzt von einer gesicherten Finanzierung ab. Berichte und Reportagen aus El Salvador könnten auf dem deutschen Medienmarkt gut abgesetzt und verkauft werden wenn sie über das Pamphlet hinausgehen. Ob die Mitarbeiter des Pressedienstes den schwierigen Balanceakt zwischen alternativer Informationsquelle und offiziellem Sprachrohr der FMLN meistern können, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre es allemal.

Leon Kleess

Weitere Informationen können angefordert werden beim: Pressedienst 'Radio Venceremos‘, Kohlfurterstr. 40, 1000 Berlin 36.