DDR-Fußballer ausgetrickst

■ DDR-Fußballverband erklärte Oberliga-Spieler zu Profis / Droht geflüchtetem Hertha-Stürmer Kruse lange Sperre?

Horst Wolter, Manager bei Hertha BSC, ist voll Lobes über den Neuen im Kader des Fußball-Zweitligisten: Axel Kruse, 21, vor zwei Wochen geflüchteter Stürmer von Hansa Rostock, gilt als pfeilschnell und torgefährlich. Ob der 21fache DDR -Juniorenauswahlspieler bald das Trikot der Berliner Profi -Elf überstreifen darf, scheint derzeit ungewiß.

Schuld daran hat ein sensationeller Schritt des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR (DFV), der im Mai - als letzter Verband des Ostblocks - seine Oberliga-Akteure beim Weltfußball-Verband FIFA als Profis deklarierte.

Bislang galten die DFV-Elitekicker als Amateure, was zwar nicht stimmte, doch geflüchteten Spielern in der BRD zugute kam: Nach einer einjährigen Sperre konnten sie ins Profilager wechseln, ohne daß ihre neuen Arbeitgeber nur einen Pfennig Ablöse an die DDR überweisen mußten.

Nach der Mai-„Revolution“ ('FAZ‘) sitzen die DDR-Vereine am längeren Hebel. Eine Delegation von Hertha BSC wird womöglich nach Rostock reisen müssen, um mit Hansa über die Transfersumme für Kruse, an dem Dortmund und Hannover interessiert wären, zu verhandeln. Ohne eine Einigung zwischen beiden Seiten, so will es das FIFA-Regelwerk, kann sich ein Profifußballer keinem neuen Verein anschließen. Manches spricht dafür, daß der DFV in erster Linie fluchtbereiten Fußballern den Seitenwechsel vergällen will. So zeigt der Verband keine Bereitschaft, Transfers von Ost nach West zu institutionalisieren, wie es etwa Polen, Ungarn oder die UdSSR seit geraumer Zeit propagieren.

Selbst eine Leistungssteigerung mittels Professionalismus scheidet für den DDR-Fußball aus. DFV-Generalsekretär Wolfgang Spitzner in 'ND‘: „Ich glaube, daß es ein Trugschluß ist, wenn wir meinen, daß wir mit Anleihen aus dem Profisystem unseren Fußball besser machen.“

Jürgen Schulz