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Oberkirchenräte am Kap

Führende Mitarbeiter der Evangelischen Kirche in Deutschland auf PR-Reisen in Südafrika  ■ K O M M E N T A R

Der Skandal liegt nicht darin, daß Südafrika versucht, mit Hilfe „politischer Korruption“ (SPD-Verheugen) deutscher Protestanten das eigene Image zu polieren. Skandalös ist vielmehr, daß führende Mitarbeiter der EKD und Mitglieder ihres obersten Leitungsgremiums, des Rates, wie auch der Synode sich über Jahre von den Repräsentanten des Apartheidsregimes gerne korrumpieren ließen und lassen. Denn spätestens seit den heftigen Auseinandersetzungen um die Kap -Reisen führender EKDler 1981 und 82 ist öffentlich bekannt, daß der Veranstalter, die inzwischen aufgelöste Firma Hennenhofer, eine nachweislich von Pretoria finanzierte PR -Agentur war. Auch die Geldquellen der Bonner „Südafrika Stiftung“ sowie des „Namibia Information Office“ sind seit langem kein Geheimnis mehr.

Die Beschlüsse des Rates gegen solche Reisen waren offensichtlich allein zur Ruhigstellung kritischer Stimmen innerhalb der Kirche gedacht. Ließen sie doch schon damals bewußt das jämmerliche Hintertürchen offen, dessen sich der EKD-Sprecher jetzt bediente: die Südafrikabesuche seien halt „Privatreisen“.

Wen schert es, daß der vom Rat und Kirchenamt der EKD in Sonntagsreden über „Solidarität mit den Unterdrückten und Leidenden“ so gerne als Partner bezeichnete „Südafrikanische Kirchenrat“ (SACC) schon 1981 auch um Einstellung der durch Pretoria finanzierten Privatbesuche bat? Was muß eigentlich noch geschehen, bis der SACC und die in der EKD so gerne herumgereichten prominenten Vertreter der südafrikanischen Christenheit, Chikane, Bayers Naude und Kistner ihrerseits die Partnerschaft zumindest zur Leitung der EKD aufkündigen?

Einer EKD, deren als „Einflußagent“ ('Spiegel‘) des Apartheidregimes fungierendes Ratsmitglied Müller streng vertrauliche Informationen und Diskussionen des Gremiums brühwarm an Pretorias Agenturen oder seine Bonner Botschaft weitergibt und damit möglicherweise SACC-Mitglieder und andere Oppositionelle in Südafrika gefährdet; und einer EKD, deren offizielle Vertreter in Bonn öffentlich über diejenigen herziehen beziehungsweise vor der Deutsch -Südafrikanischen Gesellschaft als „mißratene Nichten der EKD“ bezeichnen, die wie die Evangelische Frauenarbeit seit Jahren den Boykott des Apartheidregimes und praktische Solidarität mit dessen Opfern organisieren.

Andreas Zumach

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