Kampf um den Platz an der Sonne

■ BewohnerInnen einer BEWOGE-Siedlung am Spandauer Wasserwerk protestieren gegen Verdichtung der Wohnanlage / BEWOGE: Protest ist ungerechtfertigt und unfair

„Dann werden die hier wie eine Elefantenherde drübertrampeln“, steht für Edith Fiedler fest. Zusammen mit anderen BewohnerInnen der Wohnanlage Wasserwerkstraße in Spandau fürchtet sie, daß ihre „liebgewonnene Wohnanlage“ zum „Hinterhofmiliö“ verkommt. Die Ursache der Aufregung: Anfang Juni flatterte den BewohnerInnen der 25Jahre alten Wohnanlage ein Rundschreiben der städtischen Wohnungsbaugesellschaft BEWOGE ins Haus.

Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Wohnungen, schrieb die BEWOGE, habe man sich entschlossen, an die bestehenden Häuserzeilen der Wasserwerkstraße vier neue Wohngebäude anzubauen. Außerdem sei eine Tiefgarage geplant.

Die Ankündigung brachte die AnwohnerInnen auf den Plan. Eine Mietergemeinschaft wurde gegründet, Unterschriften gesammelt. In einem Schreiben an Bausenator Nagel protestierten an die 600 BürgerInnen gegen die geplante Verdichtung der Wohnanlage. Gerade die aufgelockerte Bauweise sei typisch für ihre Siedlung und müsse erhalten bleiben, wolle man nicht zur „Hinterhofpolitik der Gründerjahre“ zurückkehren.

„Wer bisher von seinem Balkon ein Stückchen Wald genießen konnte, sieht nun den neuen Mietern ins Klofenster“, heißt es in dem an den Senator gerichteten Protestbrief. Durch die Baumaßnahmen würde die Ökologie der Wohnanlage zerstört, Pflanzen vernichtet und Tiere vertrieben. Die vier neuen siebengeschossigen Wohnhäuser würden den alten Mietern den bisherigen Ausblick aufs Grüne verstellen und ihnen die Sonne nehmen.

Gerade diesen Vorwurf, so Hans-Jürgen Lindhorst, Geschäftsführer der BEWOGE, könne er nun gar nicht nachvollziehen. Der 80 Meter breite Durchblick zwischen den einzelnen Häuserzeilen werde durch die neuen Häuser nur um etwa 20 Meter geschmälert. Die geplante Verdichtung müsse in Relation zu der bestehenden Bebauung gesehen werden. Zu den bisherigen 850 Wohnungen der Siedlung würden 55 neue hinzukommen. Dafür würden 1.200 Quadratmeter von 33.000 Quadratmeter Straßenfreifläche um die Häuser geopfert. Der Protest der Anwohner sei ungerechtfertigt und unfair.

„Ich wundere mich, wie wenig Erinnerungsvermögen die Bewohner haben“, so Lindhorst. Viele von ihnen, die als junge Familie mit Kindern entsprechend große Wohnungen bezogen hätten, würden diese nun als „Fehlbeleger“ blockieren. Gerade weil die Fluktuation in den Wohnungen so gering sei, andererseits keine bebaubaren Grundstücke zur Verfügung stünden, habe man bereits im letzten Frühjahr überlegt, welche BEWOGE-Projekte man noch ausbauen und verdichten könne.

-guth