Tischtennis statt Tennis

■ Lösungsvorschläge der Parteien und Verbände zum Streit um Übertragungsrechte und freie Berichterstattung

Der Streit um die Fernsehübertragungen vom Tennisturnier in Wimbledon hat nicht nur die bundesdeutschen Gemüter erhitzt, sondern auch dazu geführt, daß alle Parteien oder Organisationen aus dem Medienbereich in den letzten Tagen Kommentare, Stellungnahmen, Forderungen und Vorschläge zur Regelung der Übertragungsrechte abgegeben haben.

Die SPD fordert eine Garantie für die Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch in der Sportberichterstattung. Der sportpolitische Sprecher der SPD, Peter Büchner, verlangt entsprechende politische Maßnahmen, damit die Informationsfreiheit auch im Bereich des Sports nicht durch Millionenpoker ausgehöhlt werde. Er unterstützte ausdrücklich den Standpunkt von ARD und ZDF, nicht an der Preisspirale mitzudrehen. Selbst Walter Wallmann (CDU) fordert jetzt ein Einschreiten des Gesetzgebers, um die freie Kurzberichterstattung über öffentliche Veranstaltungen in Funk und Fernsehen zu sichern.

Die CDU, die bisher fleißig den Privatfunk förderte, damit dem Bürger mehr Programme und somit mehr Information zur Verfügung stehen, macht jetzt einen Rückzieher und räumt ein, daß der Wettbewerb der Rundfunksysteme bisher den Zuschauern nicht nur Vorteile gebracht habe. Wallmann will den Fehlentwicklungen in der dualen Rundfunkordnung entgegentreten, weil es nicht angeht, daß ein Teil der Bevölkerung von der Information und insbesondere von der Bildberichterstattung über wichtige öffentliche Veranstaltungen oder Ereignisse ausgeschlossen wird.

Für die Grünen kann es natürlich nicht angehen, daß sich milliardenschwere Multi-Media-Konzerne durch ruinöse Preistreiberei Exklusivrechte sichern, um damit BürgerInnen an ihren werbepflasternden Kommerzfunk zu binden. Es geht ihnen um mehr als Fußball oder Tennis - der Kommerz bedroht die gesamte Informationsfreiheit. Deshalb fordern sie ein uneingeschränktes Recht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über Ereignisse von allgemeinem öffentlichem Interesse Informationsberichte zu senden, auch wenn für diese bereits von den Privaten Exklusivrechte erworben wurden.

In einem sind sich alle drei Parteien erstaunlich einig: Der Fall muß gesetzlich geregelt werden.

Die FDP-Mitglieder scheinen alle verkabelt zu sein oder sich nicht für Tennis zu interessieren, bisher ging keine Stellungnahme ein.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) empfiehlt erst einmal allen Beteiligten mehr Gelassenheit sowie ein gründliches Studium der verfassungsmäßigen Rechte und Aufgaben der Medien. Seiner Meinung nach darf in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat die Information nicht zur Ware verkommen und die Postulate des Grundgesetzes nicht durch finanzstarke Gruppen beschnitten werden. Wie so oft bei den Gewerkschaften reagiert der DJV mit seiner generalisierenden Warnung erst dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Den Wimbledonstreit sieht er als Anfang einer Entwicklung der Informationsgesellschaft, die die Ermittlung und Verbreitung von Informationen in einer unerträglichen und verfassungsrechtlich äußerst bedenklichen Weise kommerzialisiert. Genau wie SPD, CDU und die Grünen fordert der DJV gesetzliche Regelungen, um dieser Entwicklung auf nationaler und internationaler Ebene Einhalt zu gebieten.

Die orginellsten Vorschläge zur Konfliktlösung kommen jedoch von Radio Bremen. Dort überlegt der Rundfunkrat, ob es nicht billiger oder einfacher wäre, selbst Veranstaltungen zu organisieren. Für den Preis, den man für Übertragungsrechte zahlen müsse, so hieß es, könnten die schönsten Veranstaltungen auf die Beine gestellt werden. Wenn ARD und ZDF sich diesen Vorschlag zu Herzen nähmen, könnte schon bald das Millionenpoker um die Übertragungsrechte der Bremer Wettkämpfe im Sackhüpfen, Eiertanzen oder Heringsessen losgehen. Der Bremer Intendant Karl-Heinz Klostermeier überlegt derweil, langfristig die Übertragungsrechte für alle Tischtennistourniere aufzukaufen. Wenn ARD und ZDF Tennis erst groß gemacht hätten, könnte Radio Bremen doch auch den verwandten Sport auf der grünen Platte puschen.

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