Haftverschärfung

Bunkerhaft gegen RAF-Gefangene in Celle / Strafgefangener sollte als Spitzel eingesetzt werden / Aufschlußzeiten gekürzt  ■  Von Maria Kniesburges

Berlin (taz) - Während der niedersächsische Justizminister Remmers öffentlich tönt, man setze alles daran, die drei im Celler Hochsicherheitstrakt inhaftierten Gefangenen aus der RAF in den „Regelvollzug“ zu integrieren, hat es real harsche Verschärfungen der Haftbedingungen gesetzt. Der Gefangene Karl-Heinz Dellwo hat die vergangenen sieben Tage in striktem Arrest, der sogenannten Bunkerhaft, gesessen, seine Mitgefangenen Lutz Taufer und Knut Folkerts fünf Tage. Der gemeinsame Aufschluß im Hochsicherheitstrakt soll künftig um eine Stunde von knapp fünf auf knapp vier Stunden am Tag gekürzt werden.

Stein des Anstoßes im jüngsten Konflikt war die hohe Kunst

-ein Bildband von Marc Chagall. Diesen wollte Dellwo mitnehmen zum täglichen gemeinsamen Hofgang mit Gefangenen einer anderen Sicherheitsstation, der den dreien seit dem letzten Hungerstreik erlaubt wird. Den Vollzugsbeamten wurde es angesichts des Chagall-Bandes allerdings ganz offenbar zu bunt. Die Mitnahme des Bildbandes, so die Anwälte Dellwos, „wurde ihm ohne Begündung untersagt, und als er auf einer Begründung bestand, wurde er von einem Rollkommando gewaltsam in die Zelle verbracht“. Dabei habe er schwerwiegende Verletzungen davongetragen, das Ergebnis einer späteren ärztlichen Untersuchung deute auf eine Nierenverletzung hin.

Wenig später wurde Dellwo in den Bunker verschleppt. Das bedeutet strikte Isolation in einer Leerzelle. „Knut Folkerts und Lutz Taufer wurde nach diesem Vorfall der gemeinsame Hofgang verwehrt. Als sie die Rückverlegung Karl -Heinz Dellwos verlangten, wurden sie zehn Stunden auf den Trakthof gesperrt und anschließend ebenfalls mit Bunker bestraft“, schildern die Anwälte den Fortgang der Ereignisse. Der Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums, Möllring, vermeldet unterdessen, bei dem Gerangel mit Dellwo seien drei Beamte verletzt worden, der Arrest gegen Taufer und Folkerts sei verhängt worden, weil sie die Hoflampen sowie die Überwachungskameras zerstört hätten. Im übrigen, so Möllring weiter, habe Dellwo nicht nur den besagten Chagall-Band, sondern darüber hinaus auch noch Zeitungen und etwas Eßbares mit auf den Hof nehmen wollen. Seit 1985 aber sei es grundsätzlich verboten, etwas dorthin mitzunehmen, man habe das lediglich während des Hungerstreiks etwas großzügiger gehandhabt, um „die Sache nicht noch weiter zuzuspitzen“. Die Anwälte dagegen erklären, das Mitnehmen von Zeitungen oder Büchern zum Hofgang sei bislang ein „völlig normaler und bei allen Gefangenen akzeptierter Vorgang“ gewesen. Nun allerdings wird ein grundsätzliches Verbot durchgezogen, das nicht nur für die drei, sondern auch für die anderen Gefangenen gilt.

Das niedersächsische Justizministerium läßt derweil wissen, man habe den drei Gefangenen Gesellschaft im Hochsicherheitstrakt zugedacht und bislang zwei andere Strafgefangene in den Trakt verlegt. Unter den Gefangenen im Normalvollzug genießt zumindest einer dieser zwei einen eindeutigen Ruf als ausgesprochen auskunftsfreudig gegenüber den Vollzugsbehörden. Minister Remmers aber dementiert kräftig, daß die drei Gefangenen etwa ausgehorcht werden sollen: „Wir wollen gar nicht wissen, was die reden.“

Noch während des Hungerstreiks war das offenbar anders. Den Anwälten liegt die schriftliche Erklärung eines Gefangenen aus dem Normalvollzug vor, in der dieser erklärt: Der Sicherheitsinspektor der Vollzugsanstalt habe ihm Vorteile in Aussicht gestellt, falls er sich zu Spitzeldiensten hergebe. Er sei sogar aufgefordert worden, „mit einem Sender bei mir an der Freistunde der RAF teilzunehmen“.