Betrügerschutz vor Mieterschutz

■ Besitzer hat öffentliche Gelder veruntreut, und Mieter müssen es ausbaden / Der Zwangsversteigerung des Hauses wollen sie mit Besetzung der eigenen Wohnung begegnen

„Wir hatten so ein schönes Bad - mit Holzverkleidung“, erinnert sich Frau Hein. Doch 1986 stimmte sie, wie die meisten Mieter der Birkenstr. 34, den Modernisierungsplänen des Hauseigentümers Eberhard Schulz zu. Seitdem sieht es nicht nur in ihrem Badezimmer aus wie auf einer Baustelle: Die Wände wurden aufgestemmt, die Kacheln abgeschlagen, die Öfen abgebaut.

Inzwischen hat die Familie schon den dritten Winter ohne Heizung über die Runden gebracht. Zwar wurden Heizkörper installiert, aber bis heute nicht angeschlossen. Ähnlich geht es auch anderen MieterInnen. Von den angeblichen Modernisierungsmaßnahmen, für die Hauseigentümer Schulz immerhin 260.000 Mark öffentliche Modernisierungsmittel von der Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin (WBK) kassiert hat, ist wenig zu sehen. Der Seitenflügel verrottet, einige Wohnungen stehen leer, Fenster sind ausgeschlagen, im Fußboden sind Löcher. „Wir hatten hier schon Ratten und Mäuse“, sagt Frau Hein. Im Badezimmer einer anderen Familie modert ein Bleirohr vor sich hin, aus der darüberliegenden Wohnung tropft es durch. Die Wohnungen im Hinterhaus, die ebenfalls leerstanden, seien dagegen zum Teil renoviert und nach einer kräftigen Mieterhöhung neu vermietet worden, weiß Frau Hein. Mit seinen angeblichen Modernisierungen macht Hauseigentümer Schulz schon seit längerem negative Schlagzeilen.

Auch in seinen anderen Häusern, wie im Fall der Nostizstraße 49 und der Beusselstraße 50 kassierte er ModInst-Mittel, ohne daß die Häuser renoviert wurden. Gegen Schulz läuft deshalb ein Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetrug, nachdem der damalige Baustadtrat Wolfgang Naujokat (SPD) im Herbst 1988 Strafanzeige gestellt hatte. Schulz soll inzwischen untergetaucht sein.

Mieter des Hauses Birkenstraße 34 haben ihn allerdings noch unlängst in ihrem Haus beobachtet. Schulzes Häuser wurden einer Zwangsverwaltung unterstellt, die Nostizstraße 49 und das Haus Beusselstraße 50 bereits zwangsversteigert. Nun soll auch die Birkenstraße 34 kommenden Donnerstag unter dem Hammer kommen - und die MieterInnen vom Regen in die Traufe.

Sie fürchten, daß ihnen nach einer Zwangsversteigerung die Kündigung droht. Der neue Eigentümer braucht nämlich in diesem Fall nur eine dreimonatige Kündigungsfrist einzuhalten. „Die in der Beusselstraße mußten nach der Zwangsversteigerung auch alle raus“, sagt eine Mieterin. „Ich dachte immer, eine Zwangsverwaltung wäre zum Schutz des Mieters da“, erklärt der Freund einer anderen Mieterin, „aber nun müssen wir wieder drunter leiden.“ Viele der Mieter haben inzwischen notwendige Reparaturen und Instandsetzungen auf eigene Kosten durchgeführt.

Sie haben inzwischen den Bausenator aufgefordert, das Haus, wie auch im Fall der Nostizstraße geschehen, zu kaufen oder einer Wohnungsbaugenossenschaft zu vermitteln. Freiwillig, so steht zumindest für die MieterInnen des Vorderhauses fest, wollen sie ihre Wohungen nicht räumen. Im Fall der Kündigung, so haben sie beschlossen, ihr eigenes Haus besetzen.

-guth