Strömungsübergreifend für rot-grün

„Linkes Forum“ in den Grünen sieht keine prinzipiellen Hindernisse für Koalitionsverhandlungen mit der der SPD / Ärger jedoch über „erzieherische Ansprüche“ der Sozialdemokraten  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Wenn Grüne über eine mögliche Regierungsbeteiligung reden, geht es oofenbar nicht mehr um das „ob“, sondern nur noch um das „wie“. Gestern meldete sich dazu das „Linke Forum“ zu Wort, jene Strömung um Ludger Volmer (Fraktion) und Jürgen Reents (Parteivorstand), die sich als undogmatische Erben der früher ökosozialistisch geprägten linken Position bei den Grünen sehen. Die programmatischen Unterschiede zwischen SPD und Grünen seien „beträchtlich“, müßten aber kein Hindernis für rot-grün sein. Die Bereitschaft der Grünen zu einer Kooperation mit der SPD werde aber „dort enden, wo die Sozialdemokratie eine ideologische Einvernahme der Grünen zur Voraussetzung“ mache, heißt es in einer Erklärung des „Linken Forums“. Die „erzieherischen Ansprüche“ der SPD, nämlich von den Grünen einen Schwur auf die NATO oder auf die kapitalistische Wirtschaftsordnung zu verlangen, belasteten die „gewünschte“ Zusammenarbeit. So sei zum Beispiel das von der Westberliner AL vor der Koalitionsbildung unterschriebene Bekenntnis zur Rolle der Allierten „ein Fehler“ erläuterte Jürgen Reents. Hinsichtlich der Rolle

bei einer Regierungsbeteiligung (oder einer Tolerierungspolitik ohne eigene Ministersesse) l sind die Undogmatischen bescheiden: Bei einem politischen Gewicht, das etwa 10 Prozent der Wahlerschaft entspricht, könne „ohnehin ne „ohnehin nicht das Ziel einer grundlegenden Umgestaltung der Gesellschaft auf eine ökologische, radikaldemokratische und emnazipatorische Struktur hin verfolgt“ werden. Stattdessen gehe es nur um „dringliche Veränderungen“ in einzelnen Bereichen, um einen „Vier-Jahres -Pragmatismus“.

Ähnlich pragmatisch zeigte sich der Realpolitiker und Fraktionssprecher Helmut Lippelt, der bereits nach Washington reiste, um - wie er sagt - die „außenpolitische Flanke für einen Marsch ins rot-grüne Bündnis“ abzusichern. Ein „Ja“ zur NATO werde es von den Grünen nicht geben, beteuert auch Lippelt. Die Grünen müßten in einer rot-grünen Regierung ja nicht gerade den Verteidigungsminister stellen, meint Lippelt.

Während sich rund zehn Tage nach Bekanntwerden des sogenannten rot-grünen Geheimtreffens am Kamin von Schloß Crottdorf bei den Sozialdemokraten die Aufregung immer noch nicht ganz gelegt hat, herrscht bei den Grünen in dieser Hinsicht fast staatsmaännisch anmutende gelassenheit. Alfred Mechtersheimer, ein Teilnehmer der Kamin-Runde, hat daran festgestellt, wie „gravierend“ sich die Verhältnisse bei den Grünen geändert hätten. Es habe in der Partei eben nur die „verständliche Verärgerung“ über das „Procedere“ gegeben.

Trotz des Machtworts von SPD-Chef Jochen Vogel, der keine „flächendeckenden“ Gespräche mehr will, wollen die Grünen aller Strömungen weiter „ausloten“, was mit der SPD geht. Das „Linke Forum“, das bereits mit Peter von Oertzen und anderen SPD-Linken am 17. Juni ein eigenes Geheimtreffen veranstaltete, um eine rot-grüne Debatte abzustecken, denkt dabei sogar an „wissenschaftliche Symposien“.Und auch Mechtersheimer glaubt:„Jedes rot-grüne Gespräch stärkt die fortschrittlichen Kräfte in der SPD.“