70 Polizisten stürmen leere Wohnung

■ Räumungstrupps fanden gestern morgen in der Birkenstraße34 keine BesetzerInnen mehr vor / MieterInnen hatten „mitbesetzt“

Das Radio lief noch, als die Polizei anrückte, doch die rund zwanzig BesetzerInnen waren wie vom Erdboden verschluckt. Siebzig Einsatzkräfte durchkämmten vergeblich die leerstehenden Wohnungen im Vorderhaus und Seitenflügel der am Mittwoch abend besetzen Birkenstraße34. „Zwischen den Besetzern und den Mietern bestehen offensichtlich Sympathien“, mußte schließlich auch Einsatzleiter H.P. Müller (Abschnitt33) einsehen. „Die Vermutung, daß sich die Besetzer in die Wohnungen der Mieter geflüchtet haben“, wollte er trotzdem „nur spekulativ“ äußern - auch wenn die verschwörerischen Mienen der VorderhausbewohnerInnen Bände sprachen. Diese hatten ihre Wohnungen ebenfalls für „besetzt“ erklärt, blieben jedoch als „offizielle“ MieterInnen von der polizeilichen Durchsuchung verschont. Bei dem Polizeieinsatz habe man nur die Personalien von einer Frau festgestellt, erklärte Müller.

Die Polizei war bereits am Mittwoch abend über die Besetzung einer leeren Wohnung im Erdgeschoß und zwei Wohnungen im Seitenflügel informiert. Noch in der Nacht hatte der für das Haus zuständige Zwangsverwalter Herzog einen Räumungsantrag gestellt. Insgesamt würden in dem Haus sieben Wohnungen leerstehen, so der Einsatzleiter. Inzwischen wurden sie zum Teil zugemauert.

Daß sie ihre eigenen Wohnungen besetzen würden, hatten die MieterInnen der Birkenstraße bereits im Vorfeld angekündigt. Gestern sollte das Haus, daß dem angeblich hochverschuldeten und untergetauchten Wohnungsspekulanten Eberhard Schulz gehört, zwangsversteigert werden. Schulz hatte für Sanierungsmaßnahmen unter anderem öffentliche WBK-Mittel in Höhe von 260.000 Mark kassiert, das Haus aber eher kaputtsaniert als instandgesetzt (die taz berichtete.) Seit Winter letzten Jahres stand das Haus deshalb unter Zwangsverwaltung. Überraschenderweise wurde die Zwangsversteigerung jedoch abgesagt, da eine der Gläubigerbanken ihre Ansprüche zurückgezogen hatte. Die MieterInnen hatten gefürchtet, nach einer Zwangsversteigerung wegen vermindertem Kündigungsschutz aus dem Haus gedrängt zu werden und erklärt, nicht freiwillig gehen zu wollen. Da die von Schulz angekündigten Sanierungsmaßnahmen nie oder nur unvollständig vorgenommen wurden, hatten viele von ihnen notwendige Reparaturen und Instandsetzungen in Eigenleistung durchgeführt.

Dem Vernehmen nach soll die Zwangsversteigerung nun erst im November stattfinden. Auch danach seien sie nicht ohne Rechte, habe Bausenator Nagel ihnen in einem Telefongespräch mitgeteilt, erklärt ein Mieter. „Doch bevor ich das nicht schriftlich habe, glaube ich gar nichts!“

-guth