Asyl-Angebot präzisiert

■ Ungarn will nur politischen Flüchtlingen aus der DDR Asyl gewähren / Keine Hilfestellung für andere Ausreisewillige

Budapest (afp/ap/taz) - Die ungarische Regierung hat ihre Überlegungen, inwieweit Staatsbürgern der DDR Asyl gewährt werden könne, gestern präzisiert. So will man zwar politischen Flüchtlingen aus der DDR nach Prüfung ihrer Motive Asyl gewähren, lehnt aber bei anderen DDR-Bürgern eine Hilfestellung zur Ausreise ab. Der Leiter des Amtes für Ausländerkontrolle, Karoly Nagy, sagte in einem Interview des Deutschlandsfunks, wenn sich ein DDR-Bürger wegen „seiner politischen Überzeugung“ oder anderer Gründe verfolgt fühle, so werde Ungarn „ein solches Gesuch im Sinne der Genfer Konvention beurteilen“. Nagy erklärte, DDR-Bürger seien nach ungarischen Erfahrungen in der Regel nur daran interessiert, wie die Weiterreise in die Bundesrepublik ermöglicht werden könnte. „Dieses Problem ist für uns unlösbar“, sagte er. Für diese Fragen seien nur die DDR und die Bundesrepublik zuständig, da es sich um Reise- oder Auswanderungsangelegenheiten handele.

In Bonn haben diese Überlegungen eindeutig positive Reaktionen hervorgerufen. Zugleich verdichten sich Anzeichen, daß nicht nur in der bundesdeutschen Botschaft in Budapest, sondern auch in Prag sowie der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin DDR-Bürger ihre Ausreise erzwingen wollen. Laut jüngsten Informationen halten sich in Ost -Berlin 80, in Prag 20 und in Budapest 130 Ausreisewillige in den Botschaftsgebäuden auf.

Kaum überraschen dürfte hingegen die breite Zustimmung, die dem jüngsten Budapester Vorstoß von Bonner Politikern entgegengebracht wird. Staatsminister Helmut Schäfer im Auswärtigen Amt äußerte am Donnerstag den Wunsch, „daß auch DDR-Bürger als Flüchtlinge behandelt und anerkannt werden können“. Differenzierter äußerte sich der ehemalige SPD -Minister und Mitglied im innerdeutschen Ausschuß Dieter Haack, der die Ankündigung als „eine sehr positive Entwicklung“ wertete, zugleich jedoch vor einer Verschärfung der innenpolitischen Lage in der DDR warnte. Aller Voraussicht nach wird die Weigerung Ungarns, weiterhin für die SED den Grenzwächter zu spielen, den DDR-Bürgern weitere Reiseeinschränkungen bescheren, obwohl die DDR in den letzten Wochen diesbezügliche Spekulationen als „verleumderische Behauptungen“ zurückgewiesen hat.

Auch die ungarisch-rumänischen Beziehungen haben sich mit einem Interview des ehemaligen rumänischen König MichaelI. im staatlichen Fernsehen Ungarns weiter verschlechtert. Als Reaktion wurde der Botschafter nach Bukarest beordert und der geplante Besuch ungarischer Behördenvertreter in Rumänien untersagt.

eis