„Es wird diskutiert bis zum Geht-nicht-mehr“

■ Jugendarbeit gegen Rechts unter Rot-Grün / Tagungen und Reader geplant / Bei den Diskussionen bleiben die Experten meist unter sich / Es wird nicht mit, sondern über Jugendliche geredet

Anders als der CDU/FDP-Senat hat sich Rot-Grün die Auseinandersetzung mit Rechtsradikalismus, Ausländerfeindlichkeit und faschistischen Tendenzen unter Jugendlichen auf die Fahne geschrieben. Anne Klein benannte Jugendarbeit gegen rechts als einen ihrer Arbeitsschwerpunkte. Inzwischen wurde eine interne Arbeitsgruppe eingerichtet, in der SenatsmitarbeiterInnen aus verschiedenen Ressorts zusammenarbeiten.

„Ziel ist die Vernetzung der Aktivitäten in den einzelnen Bezirken und der Erfahrungsausstausch bis hin zu den Einrichtungen“, erklärt die Pressesprecherin der Jugendsenatorin. „Wir können natürlich keine bestimmte Jugendarbeit vorschreiben, aber wir wollen die Frage diskutieren, was läuft falsch in den Freizeiteinrichtungen, und wie könnte eine Umorientierung aussehen?“ Man habe festgestellt, daß in der Jugendarbeit große Hilflosigkeit herrsche. „Da wollen wir ran“, so Jugendsenatorin Anne Klein. Dafür will der Jugendsenat zunächst einmal Denkfutter zur Verfügung stellen: Eine im Herbst erscheinende Ausgabe des sogenannten 'Rundbriefs‘ wird sich mit dem Thema Rechtsextremismus und Jugendliche beschäftigen. Für Oktober/November ist ein Colloquium geplant, bei dem es vor allem um die Zusammenhänge zwischen Rechtsradikalismus und Geschlechterfrage gehen wird. Im Juni hatte der Landesjugendring bereits eine ähnliche Tagung veranstaltet.

Auch in den Bezirken wird über Möglichkeiten antifaschistischer Jugendarbeit nachgedacht. Ende Juni fand in Neukölln eine erste Stadtteilkonferenz zum Thema statt, an der VertreterInnen aus verschiedenen Bereichen der Kinder - und Jugendarbeit teilnahmen. Ergebnis war ein zehnseitiger Maßnahmen- und Vorschlagskatalog, der von Ausstellungen über „Juden in Neukölln“ bis hin zur bevorzugten Bezuschussung von Gedenkstättenfahrten von Schulklassen. „Das ist alles noch nicht viel Neues“, beurteilt Jugendstadtrat Michael Wendt (AL) die bisherigen Überlegungen, in seinen Augen „eher traditionelle Geschichten“.

Es gibt ein großes Bedürfnis, über das Thema zu reden“, heißt es allgemein. Daß in der Sache ein breiter Erfahrungsaustausch in Gang gekommen ist, wird zwar allgemein positiv eingeschätzt, ist vielen aber auch zuwenig. „Es heißt immer, man muß etwas tun, aber die Hände sind uns gebunden, und das bestätigt man sich dann gegenseitig immer wieder“, erzählt ein Jugendarbeiter, „und für die Jugendlichen kommt dann wenig dabei raus.“ „Es wird diskutiert und diskutiert bis zum Geht-nicht-mehr“, so auch die Erfahrung auch eines anderen Sozialarbeiters. Es würde zwar immer über die Jugendlichen geredet, aber „die haben noch niemals mit Jugendlichen gesprochen. Die wenigsten haben einfach mal ausprobiert, mit diesen Jugendlichen etwas zu machen“.

-guth