Roma schicken Bewacher nach Hause

■ In Köln wehren sich Roma-Familien gegen geplante Abschiebung / Stadt behauptet, Straftaten hätten zugenommen

Köln (taz) - Aus Protest gegen die von der Stadt Köln angekündigten Abschiebungen mehrerer Roma-Familien haben Betroffene und Unterstützer jetzt zur Selbsthilfe gegriffen. Die Bewohner des Stellplatzes im Kölner Süden, von dem nach Behauptungen der Stadt „in letzter Zeit verstärkt Straftaten ausgegangen seien“, haben einen Wachcontainer geschlossen und die Besatzung nach Hause geschickt. In städtischem Auftrag hatten die Wachleute minutiös aufgelistet, wer wann auf den Platz gefahren war und mit wem gesprochen hatte. Des weiteren besetzten Mitglieder des Roma-Vereins die leerstehende untere Etage eines Wohnhauses direkt am Stellplatz, um endlich für die Roma-Kinder eine Betreuung zu organisieren.

Die Stadt hatte erklärt, daß die Straftaten durch die Anwesenheit der Roma und Sinti zugenommen hätten. Diese Behauptung konnten die Vertreter der Stadt auf einer Pressekonferenz am Dienstag jedoch nicht erhärten. Im Gegenteil widersprach eine von der Sozialbehörde vorgelegte Statistik dieser Darstellung. Auch der zweite Grund für die angedrohte Abschiebung war nicht nachvollziehbar: Hilfen für Kinder und ihre Eltern hätten „offensichtlich nicht gegriffen“. Tatsache jedoch ist, daß gar keine soziale und pädagogische Betreuung auf dem Platz stattgefunden hatte. Wohl auch deshalb wurde in der Kölner Presse vermutet, daß sich der Zeitpunkt der öffentlich bekanntgemachten Abschiebevorhaben gegen die heimatlosen Roma aus dem Kommunalwahlkampf erklärt, und die SPD-regierte Stadt damit Vorwürfen begegnen will, sie greife nicht hart genug gegen die Roma durch.

Noch immer ungeklärt ist die Anschuldigung der Roma-Gruppen und der beiden Kirchen, das vom künftigen Oberstadtdirektor Ruschmeier (SPD) geleitete Jugendamt habe unzulässigerweise und aus eigenem Antrieb Sozialdaten von Kindern und Eltern an die abschiebende Ausländerbehörde weitergereicht. Während die Stadt den nicht abgeschobenen Kindern für Oktober eine Betreuung in Aussicht stellt, haben die Roma-Gruppen in den letzten Tagen auch den Schulbesuch der Kinder selbst organisiert: Überrascht von dem Interesse der Kinder wollte die Lehrerin die Hälfte wieder nach Hause schicken - die Kapazitäten reichten nicht aus.

Für den Montag kommender Woche hat die Stadt Gespräche mit den Roma und ihren Unterstützern in Aussicht gestellt. Deren Hauptforderung lautet, daß Köln für die 150 heimatlosen Roma endlich das Bleiberecht gewähren soll.

Albrecht Kieser