Nordrhein-Westfalen beerdigt den THTR

Der Hammer Reaktor soll nach der Entscheidung der Landesregierung endgültig nicht mehr ans Netz gehen  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Der Hochtemperaturreaktor (THTR) in Hamm-Uentrop wird definitiv nicht mehr ans Netz gehen. Diese Entscheidung der Düsseldorfer SPD-Spitze ist nach gesicherten Informationen der taz unumstößlich. Ungewiß ist lediglich noch, ob das Rau -Kabinett, das sich am heutigen Dienstag mit dem THTR beschäftigt, die Modalitäten der Stillegung schon in dieser Woche verkündet. Der von der Landesregierung in den letzten Monaten öffentlich dargebotene Schlingerkurs um die Stilllegung, wäre damit beendet. Zunächst hatte die Regierung im April die sofortige Stillegung gefordert. Am 7. Mai stimmte sie dann dem gemeinsam mit Bonn und den Betreibern des THTR ausgehandelten zweijährigen Auslaufbetrieb zu. Als die Betreiber selbst davon abrückten und für eine „Auffanglösung“ plädierten, die die sofortige Stillegung vorsah, war es NRW-Finanzminister Schleußer, der zusammen mit Bundesforschungsminister Riesenhuber auf dem Auslaufbetrieb beharrte. Vor dem SPD-Fraktionsvorstand begründete Rau am Montag diesen Zickzack-Kurs mit der Angst vor Schadensersatzansprüchen. Ein klarer Kurs sei ohne dramatische Folgen „nicht möglich“ gewesen. Nach dem Stand der Dinge könne man jetzt aber davon ausgehen, daß in NRW erstmalig in der BRD ein Atomreaktor stillgelegt werde. Über weitere Einzelheiten ließ Rau den Fraktionsvorstand im unklaren. Fortsetzung auf Seite 4

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Die NRW-Grünen haben unterdessen gegen die Geschäftsfüher der THTR-Betreibergesellschaft Strafanzeige „wegen des Verdachts der Konkursverschleppung“ eingereicht. Die von den Betreibern und von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Treuarbeit“ vorgelegten Zahlen belegen nach Ansicht der Grünen, daß die Betreibergesellschaft „pleite ist“. Die Überschuldung überschreite das Stammkapital von 90 Mio. DM mindestens um das Vierfache, sagte E.Stratmann, energiepolitischer Sprecher der Bundestagsgrünen am Montag in Düsseldorf. Die im Atomgesetz geforderte wirtschaftliche Zuverläs

sigkeit von Atomanlagenbetreibern sei damit nicht mehr gegeben. Die Geschäftsfüher machen sich nach Stratmann strafbar, weil sie ihrer Verpflichtung „zur unverzüglichen Konkursanzeige nicht nachkommen“. Der Landesregierung warf Stratmann, der von der Entscheidung über die definitive Stillegung zum Zeitpunkt seiner Pressekonferenz noch nichts wußte, „Doppelzüngigkeit in Sachen Atomausstieg“ vor. Gleichzeitung kündigte er eine Gesetzesinitiative in Bonn gegen die Unterkapitalisierung der Betreibergesellschaften von Atomanlagen an. Das Haftungskapital für die AKWs wie Stade (60 Mio.) oder Brunsbüttel (63 Mio.) sei „ein sittenwidriger Versuch der Energiewirtschaft“, sich aus der finanziellen Verantwortung zu stehlen.