Letztes Gefecht im Libanon?

■ Trotz eines Waffenstillstandsappells des UNO-Sicherheitsrats geht der Bürgerkrieg weiter

Tel Aviv/Beirut (afp/taz) - Nach tagelangen schweren Kämpfen an nunmehr drei Frontlinien hat sich die Situation im Bürgerkriegsland Libanon auch nach einem Waffenstillstandsappell des UNO-Sicherheitsrats nicht entspannt. Während der Chef der christlichen Milizen im Libanon, General Aoun, gestern diesen Waffenstillstandsappell „bedingungslos“ akzeptierte, will Syrien samt seinen verbündeten Milizen offenbar zur Entscheidungsschlacht gegen den Christenchef mobilisieren und hat seine Truppen im Libanon erheblich verstärkt. Am Dienstag hatte ein entsprechender „Kriegsrat“ in Damaskus stattgefunden. An dem Treffen der moslemischen Gegner der Christenmilizen unter der Leitung der Außenminister Syriens und Irans, el Schara und Welajati, hatten Drusenführer Junblatt, Amal-Führer Berri, hohe Funktionäre der proiranischen Hizbollah-Miliz und Vertreter verschiedener Palästinensergruppen teilgenommen.

Gestern wurden schwere Gefechte mit Panzern und Artillerie vom strategisch wichtigen Bergdorf Suk el Gharb sowie der Grenzlinie zwischen Ost- und Westbeirut gemeldet. Dennoch begrüßte der syrische Staatschef Assad den UNO-Appell. Auch er wolle die „Kanonen zum Schweigen bringen“.

Israel bedauerte, daß in der von den 15 Mitgliedern einstimmig gefaßten Erklärung des UNO-Sicherheitsrats Syrien nicht als „Hauptverantwortlicher der Massaker im Libanon“ genannt werde. Das Außenministerium in Tel Aviv hat Syrien unterdessen vor einem Überschrei Fortsetzung auf Seite 2

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ten der „Roten Linie“ im Südlibanon gewarnt und damit klargemacht, daß man ein uneingeschränktes Vordringen syrischer Truppen im Libanon nicht hinnehmen werde. Laut Knesset-Mitgliedern Saguy und Burg stehe Israel „am Rand der Intervention im Libanonkrieg“, sollten die syrischen Truppen besagte „Rote Linie“, 40 Kilometer nördlich der Grenze Libanons am Fluß Awali, überschreiten.

Noch am Vortag hatte der jetzige Finanzminister Peres gemeint, Israel denke nicht daran, den Christen im Libanon zu Hilfe zu kommen. „Wir haben uns 1985 in der Absicht aus dem Libanon zurückgezogen, nie wieder dorthin zurückzukehren.“ Dessen ungeachtet meinte der frühere Stabschef des israelischen Einmarsches im Libanon 1982 und jetzige Knessetabgeordnete Eitan, man könne „General Aoun in Beirut

helfen, seinen Verteidigungskampf zu intensivieren, auch ohne daß Israel dazu Truppen schickt“.

Die Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats mußte von Perez de Cuellar unter Hinweis auf die Gefährdung des internationalen Friedens selbst einberufen werden, da kein Staat sich dazu bereiterklärt hatte. Der Vorgang ist ungewöhnlich. Zuletzt hatte dies der damalige UNO -Generalsekretär Kurt Waldheim vor zehn Jahren bei der US -Geiselnahme in der Teheraner Botschaft getan. Der Waffenstillstandsappell soll der Arabischen Liga bei ihrem schier aussichtlosen Unterfangen helfen, eine politische Neuordnung zu vermitteln und so den seit 14 Jahren geführten Bürgerkrieg zu beenden. Allein seit Ausbruch der jüngsten Kämpfe im März sind über 700 Menschen getötet und 3.100 verletzt worden.

A.W.