Möglicher Teilsieg

■ Die Auslieferung der kolumbianischen Kokainbosse an die USA kann ein Signal setzen

Noch läßt sich nicht absehen, wer in Kolumbien aus dem Krieg zwischen Regierung und Kokainmafia als Sieger hervorgeht. Sicher scheint nur, daß militärische und polizeiliche Maßnahmen, wie sie zur Zeit im Vordergrund stehen, das Problem nicht an der Wurzel anpacken. Hunderttausende von Andenbauern werden weiter anpflanzen und Millionen von US -Bürgern werden weiter schnupfen. Und die Wirtschaft von Ländern wie Peru, Bolivien und Kolumbien wird sich vom Kokain nicht emanzipieren. Bestenfalls findet der Handel der heißen Ware neue Wege, werden neue Länder kontaminiert, wird der Profit zwischen den Baronen neu aufgeteilt.

Trotzdem wäre die Auslieferung kolumbianischer Kokainbosse an die USA ein wichtiger Teilsieg. Vor drei Jahren verließ einer der Bosse des „Kartells von Medellin“ das sicherste Gefängnis Kolumbiens durchs Hauptportal. Vor zwei Jahren erklärte der Oberste Gerichtshof des Landes unter dem Druck der Mafia das Auslieferungsabkommen mit den USA für illegal. Vor einem Jahr fiel der Generalstaatsanwalt des Landes einem Killerkommando zum Opfer. Und wenn nicht alles täuscht, streicht in diesen Tagen die Justizministerin die Segel. Bislang ist es den Drogenbossen gelungen, sich die Justiz des Landes dienstbar zu machen. Ihre Auslieferung an die USA böte zumindest die Garantie, daß die obersten Financiers von Killerbanden, die seit Jahren Kolumbien terrorisieren, tatsächlich aus dem Verkehr gezogen sind.

Sicher würden damit die Killerkommandos nicht von der Bildfläche verschwinden. Schon deshalb nicht, weil das staatlich protegierte symbiotische Geflecht von Viehzüchtern und Militärs auch ohne die mafiose Klammer auf den schmutzigen Krieg setzt. Die einen wollen die Bauern vertreiben, um sich ihr Land anzueignen, die anderen, um der Guerilla die soziale Basis zu entziehen. Es würde also weitergemordet. Doch wäre mit der Festnahme und Auslieferung von Drogenbossen zumindest ein Signal gesetzt: Noch hat die mafiose Dynamik den Punkt nicht erreicht, wo der Verfaulprozeß institutioneller Strukturen nicht mehr zu stoppen ist, noch haben diejenigen unrecht, die sich resigniert in ihr Schicksal ergeben. Für Kolumbien, wo unter Jugendlichen Mord die häufigste Todesursache ist, wäre das nicht wenig.

Thomas Schmid