US Army gegen Drogen

■ Schlechte Erfahrungen mit Militäreinsätzen in Südamerika

Wenn die US-Bürger selbst entscheiden könnten, wäre ihre Armee längst in Kolumbien einmarschiert. 53 Prozent - so ergab eine Umfrage des Nachrichtenmagazins 'Newsweek‘ befürworten ein direktes Eingreifen von US-Truppen im Kokainstaat. Am Sonntag wollte nun John Sununu, Stabschef im Weißen Haus, einen Einsatz der US Army nicht ausschließen. Aber die Initiative müßte, so der Politiker, von Kolumbiens Präsident Barco ausgehen.

Doch der will nicht um Hilfe rufen. Und seinem Verteidigungsminister, General Oscar Botero, war offenbar schon die Ankunft von etwa hundert US-Beratern zuviel des Guten. Jedenfalls meinte er lakonisch, die kolumbianischen Soldaten wüßten selbst, wie man die angelieferten US -Kriegsgeräte handhabe. Auch das Pentagon hat immer wieder Skepsis gegenüber einem Einsatz von US-Soldaten im Kampf gegen den Drogenhandel geäußert. Welche Armee zieht schon gerne in einen aussichtslosen Krieg?

Neu ist das Problem nicht. Bereits vor drei Jahren haben die Vereinigten Staaten ihre Mannen nach Bolivien geschickt. 170 Marines sollten damals helfen, unter Einsatz modernsten Kriegsgerätes die Kokaplantagen zu vernichten. Nach zwei Jahren US-Engagement konstatierte der Bundesrechnungshof, daß die Anbaufläche in diesem Zeitraum um 20 Prozent angestiegen war.

Vor zwei Wochen nun hat die bolivianische Regierung die angekündigte Zwangsrodung von mehreren tausend Hektar Kokafeldern um einige Monate verschoben. 200.000 Kokabauern hatten - unterstützt von der größten Gewerkschaft des Landes - Druck gemacht. Außerdem bringt der Export der heiligen Pflanze der Inkas immerhin jährlich etwa 400 bis 700 Millionen US-Dollar ein, von denen etwa die Hälfte im Land wieder investiert wird - nicht wenig für eine bankrotte Wirtschaft.

Noch schwieriger haben es die Vereinigten Staaten in Peru. Dort unterstützen US-Polizisten der Drogenbekämpfungsbehörde DEA (Drug Enforcement Agency) eine Armee, die einer wirtschaftlich und militärisch potenten Allianz zwischen Rauschgifthändlern und Guerilla ziemlich hilflos gegenübersteht.

Anders die Lage in Kolumbien, wo relativ wenig Koka gepflanzt, dafür um so mehr Kokapaste zu Kokain raffiniert und dann vermarktet wird. Dort hat die Guerilla der Regierung Hilfe im Kampf gegen die Rauschgiftmafia angeboten. Vergeblich. Die Regierung hat es vielmehr jahrelang zugelassen, daß sich die Militärs zur Bekämpfung der Guerilla ausgiebig der von der Drogenmafia ausgebildeten Killerbanden bedienten. Nun will sie mit einer Armee, die stark von der Mafia infiltriert ist, eben diese Mafia bekämpfen.

Und auch an der Aufrichtigkeit der US-Administration sind Zweifel angebracht. Immerhin hat Bush Panamas Armeechef jahrelang gedeckt, auch nachdem er von dessen Verwicklung in den Drogenhandel erfahren hatte. Und die CIA war es, die Kokaindollars aus Medellin an die nicaraguanischen Contras leitete. Verfolgt vielleicht die US-Hilfe für die Andenländer so ganz nebenbei ein anderes Ziel? Bis heute haben die USA noch keinen Militärstützpunkt auf dem Subkontinent. Sollen sich die Südamerikaner etwa schon mal an die Präsenz von US-Truppen gewöhnen?

Thomas Schmid