Kein Datenschutz für Mülheim-Kärlich-Gegner?

■ RWE-Vorstandsmitglied plaudert über EinwenderInnen-Daten / Verwaltungsrichter kritisieren Durchsuchung der Einwender-Anwälte / Umweltminister Beth immer stärker unter Druck

Berlin (taz) - Der rheinland-pfälzische Umweltminister Alfred Beth gerät wegen der skandalösen Umstände des Erörterungstermins für das AKW Mülheim-Kärlich immer stärker unter Druck. Zwei Tage vor der morgigen öffentlichen Sitzung des Umweltausschusses im Mainzer Landtag legten die Grünen neue Belege dafür vor, daß das Umweltministerium die persönlichen Daten der etwa 70.000 EinwenderInnen dem Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk (RWE) als Betreiber des AKWs mindestens zeitweise überlassen hat.

Im Verlauf einer Sitzung des Verbandes der Kommunalen Aktionäre des RWE hatte RWE-Vorstandsmitglied Herbert Krämer am 30. August auf entsprechende Nachfragen des grünen Verbandsmitglieds Renate Berger wörtlich geantwortet: „Wir haben die Daten zur Zeit nicht mehr.“ Da das Atomgesetz lediglich die Weitergabe der Einwendungen selbst, nicht aber der persönlichen Daten der Einwender vorsehe, belege das Eingeständnis Krämers einen klaren Verstoß gegen das Datenschutzgesetz, erklärten die Grünen. Der Abgeordnete der Grünen im Mainzer Landtag verlangte erneut den Rücktritt von Umweltminister Beth, der für die Weitergabe der Daten verantwortlich sei.

Unterdessen wurde die Begründung zu einem Beschluß des rheinland-pfälzischen Oberverwaltungsgerichts bekannt, in dem das Gericht die von Beth angeordnete Durchsuchung der Einwender-Anwälte während des Erörterungstermins für rechtswidrig erklärt hatte. Es sei den Anwälten „nicht zuzumuten“, schreiben die Verwaltungsrichter, „derartige, nachträglich nicht mehr behebbare Beeinträchtigungen auch nur vorübergehend hinzunehmen“. Die Durchsuchung stelle eine schwerwiegende „Diskriminierung der im atomrechtlichen Erörterungstermin für Einwender tätigen Rechtsanwälte“ dar. Für den Berliner Umweltanwalt Reiner Geulen, der den OVG -Beschluß gemeinsam mit den Einwender-Anwälten Baumann und Klöckner erwirkt hatte, trägt der Erörterungstermin wegen „schwerwiegender Verfahrensfehler“ bereits jetzt den „Makel unheilbarer Rechtswidrigkeit“.

Für Aufregung sorgt auch weiterhin eine Äußerung des Beth -Beamten und Verhandlungsleiters in Mülheim-Kärlich, Manfred Rebentisch, der nach dem Abbruch der Anhörung gegenüber der Presse fröhlich erklärt hatte: „In zwei Monaten wird kein Mensch mehr über Mülheim-Kärlich reden, dann gibt es wieder tote Robben, dann wird darüber geredet.“ Auch in der CDU gibt es inzwischen entsetzte Reaktionen auf den Verlauf des Erörterungstermins. Der Homburger CDU-Landtagsabgeordnete und ehemalige saarländische Umweltminister Berthold Budell bezeichnete den Erörterungstermin als „Farce, an der Demokratie und Rechtsstaat Schaden nehmen“. Budell sollte für die „Christlichen Demokraten gegen Atomkraft“ (CDAK) Einwendungen gegen das AKW vorbringen. Weil er die obligatorische Leibesvisitation abgelehnt hatte, war er jedoch nicht in den Saal gelassen worden.

Gerd Rosenkranz