Stille Blüten blühen hell

■ Ein intimes Dozenten-Konzert in der „Akademie für alte Musik“

Es gibt Konzerte, die keine sind. Im Rahmen eines Lauten-und Harfen-Seminars war in der Presse ein „Dozentenkonzert“ in der Akademie für alte Musik Bremen angekündigt, gedacht hingegen eher für die Kursteilnehmer selbst, denn als Präsentation nach außen. Man muß solchen Abenden einmal beigewohnt haben, um ihre Atmosphäre schätzen zu lernen. Stephen Stubbs, Andrew Lawrence-King, Paul O'Dette und Pat O'Brian spielten in wechselnden Formationen Originalliteratur und Transkriptionen für Lauten, Chitarrone und Harfe. Ungezwungenheit, Humor und vorhandener Freiraum für Experimente hoben die „klassische“ Distanz zwischen Spielern und Zuhörern auf. Dieser Charme des familiären Musizierens tritt nicht von ungefähr dem verbissenen Kulturbetrieb - in dem, so scheint es, die Musik, will sie richtig „ernst“ sein, immer mit einer Spur unterdrückter Wut daherkommt - entgegen; schmeichelt er doch einer längst verloschenen Erinnerung an den harmonischen Trug: Musik als betörendes Sedativum.

Nun spiegelt sich in solchen Situationen ein Teil der institutionellen Struktur wieder. Seit 1986 bietet die Akademie für alte Musik Bremen überwiegend ausgebildeten Musikern die Möglichkeit, ihre Kenntnisse im Bereich der alten Musik zu vervollkommnen. Rund zehn Dozenten sind dort tätig, die während dieser Spezialausbildung Instrumentalunterricht, Generalbaß, Musikwissenschaft, Satzlehre, Ensemblearbeit (Schwerpunkt), etc. anbieten. Unterdessen gehören die jährlichen Konzerte, die die Semesterarbeit vorstellen, sowie die Projekte des Forums alte Musik Bremen unumstritten zu den musikalischen Jahresereignissen dieser Stadt. 1988 dann wurde die Akademie der Hochschule der Künste als Institut angegliedert. Ohne daß es jedoch irgendeinen Einfluß auf die verlangten Semestergebühren hat, die nach wie vor von den Studenten gezahlt werden müssen Im gleichen Atemzug wurde der Leiter der Akademie, Thomas Albert, zum Professor an der Hochschule der Künste gekürt. Schon damals munkelte man vom unaufhaltsa

men Aufstieg des Mannes, dessen Kritiker jetzt, nachdem bereits abzusehen ist, daß das von ihm organisierte „Musikfest Bremen 1989“ - auf jeden Fall finanziell - ein Fiasko wird, hämisch in den Startlöchern sitzen, um zur Leichenfeier anzutraben.

Das innersoziale Gefüge der Akademie für alte Musik (die mit dem „Musikfest“ in keinerlei Zusammenhang steht) unterscheidet sich durch die überschaubare Größe und ihre Klientel doch stark von anderen, etwa staatlichen Hochschulen. Die Szene ist von einer gewissen Verschrobenheit, deren Eindrücke mit dem der professionellen alten Musik

szene verglichen werden könnten, welche ja auch zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil von der Skurrilität ihrer Akteure lebt. In solcher Atmosphäre, in der Fetzen der „Woodstockkultur“, Reminiszenzen an das im öffentlichen Bewußtsein Vergessene aus vergangenen Zeiten mit legerem College-Habitus korrespondieren, vermag ein Charme zu gedeien, der jenseits schauriger Konzertrituale bisweilen stille Blüten treibt. H. Schmidt