Paragraph 218-betr.: "Kampagne gegen Paragraph 218 in NRW", taz vom 26.8.89

betr.: „Kampagne gegen Paragraph 218 in NRW“,

taz vom 26.8.89

(...) Leider hat Frau Markmeyer in dem Telefongespräch, das sie in dieser Sache und im Hinblick auf diesen Artikel mit mir führte, diesen Inhalt so dezidiert nicht genannt oder problematisiert. Sonst hätte ich ihr aufzeigen können:

Richtig ist, daß zumindest die evangelischen Schwangerftskonfliktberatungsstellen in Westfalen schon seit vielen Jahren durch die Richtlinien der Evangelischen Kirche von Westfalen ausdrücklich angehalten werden, die Möglichkeit nicht nur zur ärztlichen Beratung, sondern bei Bedarf auch zur ärztlichen Indikationsstellung anzubieten oder zu vermitteln. Es heißt weiter in diesen Richtlinien, daß dies örtlich und personell getrennt sein sollte (aber nicht muß).

Dies beruht vor allem auf der Erfahrung, daß fast alle Frauen bereits mit der ärztlichen Indikation in der Tasche und nach bereits erfolgter ärztlicher Beratung zu unseren Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zur psychologischen Beratung kommen. In den wenigen Fällen, wo dies nicht der Fall ist, wird der Schwangeren in jedem Fall ärztliche Beratung angeboten - nicht selten auch in der Beratungsstelle selbst - und ihr selbstverständlich die Adresse einer/s Ärztin/Arztes gegeben, der/die wegen der Indikationsstellung mit der Beratungsstelle zusammenarbeitet. Einer Frau diese (vorgeschriebene) Hilfe zu versagen, hielten wir für ungesetzlich, unmenschlich und unchristlich.

Bei der Erarbeitung der Förderrichtlinien des Landes NRW legten wir großen Wert darauf, daß auch unseren Erfahrungen Rechnung getragen wird und nicht zwingend Beratung und Indikationsstellung unter einem Dach sein müssen. Für uns sieht die Praxis im allgemeinen so aus, daß die ungewollt schwangere Frau zuerst mit ihrem/ihrer Arzt/Ärztin spricht, dort beraten wird und gegebenenfalls die Indikation erhält. Die (räumliche) Trennung von (psychosozialer) Beratung und Indikation ist also eine von den Frauen selbst häufig gepflogene Vorgehensweise. Die neuen Förderrichtlinien sehen aber ja ausdrücklich beide Möglichkeiten vor: daß nämlich Beratung und Indikation unter einem Dach sein können, aber nicht müssen. Wäre dies „unter einem Dach“ vorgeschrieben, müßten zum Beispiel evangelische Beratungsstellen eine/n Arzt/Ärztin anstellen, den/die sie nur allzu selten brauchen. Aber die enge Zusammenarbeit mit beratenden und Indikation-stellenden ÄrztInnen halten auch wir für unabdingbar.

Margret Meerwein, Hauptstelle für Familien- und Lebensberatung in der Evangelischen Kirche von Westfalen