Umweltminister setzt auf Kurzzeitgedächtnis

■ Mainzer Umweltminister Beth läßt Kritiker der Mülheim-Kärlich-Anhörung abblitzen

Es solle kein „Festival der Anhörungsrowdies“ werden, begründete das Mainzer Umweltministerium sein martialisches „Sicherheits„-Aufgebot beim atomrechtlichen Anhörungsverfahren für das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich. Zum Rowdie-Fest geriet die Erörterung dennoch: In paramilitärischer Manier auftretende Privatsheriffs hinderten EinwenderInnen am Betreten der Anhörungshalle, sofern sie nicht bereit waren, sich in Stammheim-Manier durchsuchen zu lassen, und legten auch schon mal selbst Hand mit an, wenn es darum ging, unliebsame KritikerInnen vor die Tür zu setzen. Was einige davon abgehalten hatte, überhaupt Einwendungen gegen die Wiederinbetriebnahme des Meilers zu erheben, weil sie nicht „Staffage einer Farce“ sein wollten, hat sich mit diesem Termin in einer Weise bestätigt, wie es sich die schärfsten KritikerInnen nicht haben träumen lassen.

Nach fast zweiwöchigem Schweigen meldet sich jetzt der politisch für diesen neuesten Skandal um das AKW verantwortliche Umweltminister Alfred Beth mit dem Vorwurf zu Wort, hier sei einiges offensichtlich durch die Medien hochgespielt worden. Beth, der sonst zu jeder Neueinweihung einer Kläranlage seitenlange Erklärungen losschlägt, fällt keine andere Erklärung als eine Medienkampagne für die auf seinem Tisch liegenden Beweise dafür ein, daß - wie es der Würzburger Anwalt Baumann nannte - bei diesem Verfahren keine sich bietende Gelegenheit von der Mainzer Behörde ausgelassen worden ist, gegen geltendes Recht zu verstoßen: „Ich sehe den Untersuchungen mit großer Gelassenheit entgegen“, meint Beth.

Dazu gibt es für den Mainzer Newcomer allerdings keinen Grund. Mit seinen Aussagen vor dem Umweltausschuß des Landtages hat Beth die ganze Verantwortung für diese Farce übernommen, und das müßte ihn eigentlich seinen Posten kosten, falls die CDU/FDP-Landesregierung nicht mit dem Vorwurf regieren will, in Mülheim-Kärlich ein finanzielles und ökologisches Himmelfahrtskommando um jeden Preis durchpeitschen zu wollen. Vorwürfe dieser Art beeindrucken die Mainzer indes kaum. „In zwei Monaten redet man wieder übers Robbensterben, dann spricht niemand mehr über Mülheim -Kärlich“, hatte Beths Verhandlungsleiter Rebentisch der Presse die Strategie des Umweltministeriums erläutert.

Thomas Krumenacker