Elefantenhochzeit gefährdet Rüstungsarbeit

■ Daimler/MBB: Aufsichtsrat Wedemeier von Ministererlaubnis aus Bonn überrascht / Aus für die Marinetechnik?

Die Fusion von Daimler und MBB wird in Bremen mehr als 1.000 Arbeitsplätze kosten. Das befürchten zumindest Betriebsräte von MBB und AEG nachdem Bundeswirtschaftsminister Hausmann die Elefantenhochzeit am vergangenen Freitag endgültig absegnete. Denn das Ja-Wort des Ministers war an ein paar kleinere Auflagen gebunden, die zumindest für die Bremer Denk- und Produktionsfabriken der Rüstungsbauer große Folgen haben können.

Um die marktbeherrschende Stellung des neuen Rüstungsriesen ein wenig zu kaschieren, wurde Daimler/MBB auferlegt, die Bereiche Marine- und Sondertechnik sofort auszugliedern und bis in spätestens zwei Jahren zu verkaufen. Für Daimler/MBB kein großes Problem: Wird in die

sem Bereich doch lediglich ein knappes Prozent des Gesamtumsatzes erzielt. Bei MBB und AEG-Bremen aber sind insgesamt 1.200 Mitarbeiter zumindest teilweise mit der Entwicklung von Sensorplatten, Minensuchbooten und Drohnen beschäftigt.

Der Betriebsratsvorsitzende von AEG Sonder- und Marinetechnik in Bremen, Klaus Grünberg, vermutet ein abgekartetes Spiel zwischen Daimler und dem Wirtschaftsministerium: „Aus einem Sektor, der mittelfristig nicht die großen Auslastungschancen hat, zieht sich Daimler zurück und überläßt es anderen, dann das Personal abzubauen.“ Denn im Gegensatz zu den Militärflugzeugbauern, die mit dem Jäger 90 Arbeit bis ins Jahr 2.000 haben, laufen die Rüstungspro gramme für die Marine aus. Die AEG-Marinetechnik ist noch bis Ende des kommenden Jahres ausgelastet, bei den MBB -Rüstungsbauern reichen die Aufträge noch drei bis vier Jahre.

Der Betriebsrat von MBB sah die Gefahr für diese Rüstungs -Arbeitsplätze bereits im Dezember letzten Jahres voraus und forderte damals das Bremer MBB-Aufsichtsratsmitglied Klaus Wedemeier auf, darauf zu achten, daß diese Unternehmensbereiche im Firmenverbund erhalten bleiben. Denn daß ein anderer Betrieb gesteigertes Interesse hat, die Marine- und Sondertechnik aufzukaufen, wird im Betriebsrat bezweifelt. „Wenn das Werk auf der grünen Wiese stünde, wäre das vermutlich kein Problem“, meint beispielsweise Betriebrat Uwe Neuhaus. Da aber der Marine-Bereich aus der Infrastruktur des Bremer MBB-Werkes herausgelöst werden müßte, müßte ein Interessent ein ganz neues Werk aufmachen.

Während Daimler-Chef Edzard Reuter gestern vormittag ankündigte, daß Schwierigkeiten mit Hamburg und Bremen bis zum Jahresende ausgeräumt seien, hüllte sich Bremens -Bürgermeister und Arbeitssenator Klaus Wedemeier in Schweigen. Gerade von einer Reise aus den USA zurückgekehrt mußte er zunächst den CDU-Bundesparteitag begrüßen, und wollte sich dann, so Wedemeiers Sprecher Osten dorf, „ab 12.00 Uhr voll um MBB zu kümmern.“ Über die Hausmann-Entscheidung sei die Bremer Landesregierung nicht vorab informiert worden. Bis Mittwoch muß sich der Bürgermeister eine Meinung gebildet haben. Dann soll er einer MBB-Betriebsversammlung Rede und Antwort stehen.

Ein Gesprächspartner Wedemeiers wird gestern Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau gewesen sein, als Hamburger MBB-Aufsichtsratsmitglied im Besitz einer Sperrminorität. Voscherau hatte nach Bekanntwerden der Ministererlaubnis in Richtung Bonn gedroht, die Fusion „noch einmal zur Disposition zu stellen.“

hbk