Sozialbehörde kontrollierte Filzstiftung

■ Die Leitung der Hans-Wendt-Stiftung hat viele Krisen durchgemacht / Nur Verwaltungsleiter behielt Vertrauen

Ob eventuell die „Aufsicht“ über die Hans-Wendt-Stiftung verletzt worden ist, geht die Staatsanwaltschaft nichts an, sagt der Sprecher der staatlichen Verfolgungsbehörde, Lettau. Bisher fühlt sich noch niemand für diese Frage zuständig, nachdem bekannt geworden ist, daß der Verwaltungsleiter und seine Buchhalterin insgesamt ca. 500.000 Mark auf ihre Privatkonten transferiert haben.

Aber der Verwaltungsleiter Dieter Ziebarth ist nicht irgendwer. Im Vorstand des Vereins, der die Stiftung kontrolliert, sitzen einige sozialdemokratische Spitzen -Beamten aus der Sozialbehörde: laut Satzung der Sozialsenator Scherf und sein Senatsdirektor Hoppensack, derzeit zum Beispiel auch der Leiter des Jugendamtes, Cyriacks. In ihrer Praxis ist die Hans-Wendt-Stiftung eine Fortsetzung der Sozialbehörde mit privatrechtlichen Mitteln, die sich um sozial benachteiligte Kinder kümmerte und seit einigen Jahren auch Ausbildungs-Programme organisierte. Sie wurde von der Behördenspitze als „Versuchskaninchen für alles, was im Öffentlichen Dienst dienstrechtlich nicht geht“, benutzt, sagt die derzeitige Beitriebrätin Köhne.

Ziebarth, 1973 als erster hauptamtlicher Verwaltungsleiter eingesetzt, hat in den 18 Jahren eine ganze Serie von Konflikten in der Leitungsstruktur durchgemacht. Er hat sich immer wieder halten können. Daß immer wieder die Buchhaltung oder auch

Haushaltsentwürfe nicht rechtzeitig fertig waren, störte das Vorstand des Vorstandes nicht. „Ziebarth hatte natürlich den Draht zum Vorstand“, erinnert sich der Betriebsrat aus den 70er Jahren, Horst Griese.

Diese Unterstützung brauchte der Verwaltungsleiter. 1976 wurde nach drei Jahren die dritte Leitungs-Struktur ausprobiert, eine „kollektive“. Der Ärztliche Leiter Dr. Borowski warf schon nach drei Monaten das Handtuch. Gegen die Verwaltungsleute, zu denen Ziebarth auch als „langge

dientes Parteimitlgied“ paßte, kam er mit seinen Vorstellungen nicht durch: „Herr Ziebarth bewegte sich in jahrelangem Konsens mit dem Vorstand.“

Nach einer kommissarischen Zwischenlösung kam dann Anne Albers in die Leitung, die heute noch bei der Hans-Wendt -Stiftung arbeitet. „Ziebarth herrschte wie ein polnischer Gutsbesitzer“, erzürnt sich die Diplom-Pädagogin noch heute. Um sie aus der Leitung herauszubekommen, verschickte der Vorstand 1981 „Änderungskündigungen“ gegen

alle drei mit der Begründung, das Leitungskollektiv solle durch einen einzelnen „Gesamtleiter“ abgelöst werden und dafür seien alle drei nicht qualifiziert. Aber Ziebarth wurde in der neuen Struktur stellvertretender Gesamtleiter. Der gefundene Gesamtleiter Dr. Ritter kündigte noch wärend seiner Probezeit, weil die Behörde mit Ziebarth zusammen die Stiftung regierte und seine Rolle eine Farce war. Die Gewerkschafts-Gruppe schrieb einen geharnischten Brief an den Vorstand, der hielt aber zu Zie

barth. Anne Albers: „Wir wußten nichts von Veruntreuung. Wir wußten nur, daß er völlig unfähig war und immer mächtiger wurde.“ Als neuen Gesamtleiter und dann Geschäftsführer setzte der Behörden-Vorstand im April 1985 Andreas Stunk ein; es sei in der Verwaltung große Unordnung gewesen, er habe die Aufgabe gehabt, Ziebarth ein wenig auf die Finger zu sehen, sagt Stunk heute.

Ahnungen davon, daß etwas nicht stimmen könnte, beschlichen einzelne Mitarbeiter, als eine neue Buchhalterin angestellt wurde. Die hatte zwar wenig Qualifikation, aber gute Kontakte zu Ziebarth und einen Lebensstil, der in keinem Verhältnis zu ihrem Gehalt stand. Obwohl bekannt war, daß Ziebarth organisatorisch überfordert war, wurde ihm noch der Vorsitz und die Geschäftsführung in dem Vietnam-Verein angetragen, der geflüchteten Kindern der Boat-People helfen sollte (vgl. taz vom 13.9.).

Daß große Vertrauen, daß dem Verwaltungsleiter jahrelang entgegengebracht, hat eine typisch bremensische Seite: Man kennt sich privat-politisch. Denn die Karriere von Ziebarth begann 1972/3, als er aus den USA nach Bremen kam, im Ortsverein Peterswerder der SPD. Da tobte dort der innerparteiliche Kampf zwischen „Altstädtern“ - einige traten später aus und wurde grün - und den „Scherfisten“. Ziebarth war engagierter Unterstützer der „Scherfisten“.

K.W.