Mehr Kündigungsschutz für Mieter gefordert

Der Freistaat Bayern will längere Kündigungsfristen bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen / Erleichterte Eigenbedarfskündigung hat zunehmend den Wohnraum für Mieter vernichtet / Bayerischer Antrag liegt dem Bundesrat vor  ■  Von Eva Schweitzer

Berlin (taz) - „Wir bleiben drin“, stand auf den Transparenten, die monatelang vom Jugendstilbalkon des Altmünchner Hauses in Schwabing, dem Schicki-Stadtteil der Landeshauptstadt, flatterten - letztendlich vergeblich.

Eine Welle von Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen schwappte in den letzten Jahren durch bundesdeutsche Großstädte. Nach den Mieterverbänden begehren mittlerweile auch die Bundesländer auf.

Der Freistaat Bayern mit seiner von der Wohnungsnot geschüttelten Hauptstadt München brachte kürzlich einen Antrag im Bundesrat ein, mit dem die Kündigungsschutzfrist bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen von bisher drei auf sieben Jahre verlängert werden soll.

Der Handlungsdruck wächst mit der steigenden Wohnungsnot. So kamen im vergangenen Jahr auf eine neugebaute Wohnung drei Wohnungsverkäufe. 1986 waren es „erst“ zweieinhalb. In gutbürgerlichen großstädtischen Altbauvierteln wie in München oder Hamburg sind bis zu 20 Prozent aller Wohnungen bereits umgewandelt - mit den entsprechenden Preisen: Um die 250.000 Mark, in manchen Städten mehr, kostet inzwischen eine Vier-Zimmer-Wohnung.

Für Spekulanten lohnt sich die Umwandlung. Zwischen zwölf und achtundzwanzig Prozent Rendite errechnete die Zeitschrift 'Capital‘ im Februar. Einen zusätzlichen Schub hat die Umwandlungswelle mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar bekommen. Mit ihm wurde die Möglichkeit zur Eigenbedarfskündigung erleichtert. Die Mietervertreibung durch Umwandlung hat seither zugenommen, berichtet der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter.

Diesen Freitag ist nun die erste Lesung der bayerischen Initiative im Bundesrat. „Niedersachsen hat noch Bedenken, die anderen Länder sind alle dafür“, meint der bayerische Ministerialdirigent Gutekunst. Der bayerische Vorschlag muß allerdings auch den Bundestag passieren.

Im Bundesbauministerium, wo sich eine Arbeitsgruppe seit Monaten mit den zunehmenden Umwandlungen in Eigentumswohnungen befaßt, wird der Vorschlag begrüßt. Bauministerin Hasselfeldt (CSU) versprach bereits Anfang September dem Arbeitskreis Städtebau der CDU/CSU, daß sie sich in der Koalition für eine Verlängerung der Kündigungssperrfrist einsetzen will - freilich begrenzt auf Gebiete mit „besonders starkem Umwandlungsdruck“.

Der Einsatz innerhalb der Koalitionsfraktion wird nötig sein. Widerstand wird, so prophezeit Hasselfeldt-Sprecher Hoppe, von den Freidemokraten kommen. Deren Politik ist nach wie vor, durch die Lockerung des Mietrechts günstige Marktbedingungen für Investoren zu schaffen. Per Angebotsverbesserung soll so der Wohnungsmarkt entspannt werden. Die Position der FDP wurde bisher auch vom Bauministerium unterstützt. Bei der Umwandlung in Eigentumswohnungen ist diese Rechnung jedoch sinnlos. Neue Wohnungen werden damit nicht geschaffen, sondern nur der vorhandene Wohnraum wird verteuert.

Eine Verlängerung der Sperrfrist von drei auf sieben Jahre bringe bei weitem nicht genug, meint Hartmann Vetter. Der Deutsche Mieterbund fordert, Kündigungen grundsätzlich und für alle Zeiten zu verbieten, wenn der Mietvertrag bereits vor der Umwandlung abgeschlossen wurde.

Und schließlich, so Vetter, gebe es ja noch andere, handfeste Methoden, mit denen Mieter aus renditeträchtigen Altbauwohnungen vertrieben würden: „Das geht von Abstandszahlungen bis zur wochenlangen Schikane durch unnötige Reparaturen.“