piwik no script img

De Klerk verspricht Klimaveränderung

Südafrikas Staatspräsident stellt Reformierung des Apartheid-Systems in Aussicht / Keine konkreten Schritte / Mehrere Demonstrationsmärsche am Wochenende geplant  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

In seiner Antrittsrede hat Südafrikas Staatspräsident FrederickW. De Klerk gestern in Pretoria umfassende Veränderungen des Apartheid-Systems in Aussicht gestellt, jedoch keine konkreten Schritte angekündigt. De Klerk, der kurz zuvor formell seinen Eid abgelegt hatte, versprach, daß der „Prozeß der Freilassung“ von politischen Gefangenen andauern werde. Er werde auch versuchen, für ein Klima zu sorgen, in dem die Aufhebung des Ausnahmezustandes möglich sei. Der Präsident betonte seine Absicht, Gespräche mit Führern der schwarzen Mehrheit des Landes zustande zu bringen. Die Störung des Friedensprozesses durch „Gewalt und Anarchie“ könne jedoch nicht zugelassen werden.

Die Regierung hatte schon am Vortag versucht, hohe Erwartungen an De Klerks erste offizielle Rede zu dämpfen. Unter anderem war spekuliert worden, daß der Präsident die Freilassung von Nelson Mandela, dem seit mehr als 25 Jahren inhaftierten Führer des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) oder die Aufhebung des Ausnahmezustandes ankündigen könnte. „Diskussionen und Verhandlungen zwischen allen, die Frieden suchen, ist der Schlüssel für unsere Zukunft“, sagte De Klerk. Er betonte jedoch, daß „radikale Organisationen, die nur an der Übernahme der Macht interessiert sind“, nicht an den Verhandlungen teilnehmen könnten. Gemeint ist damit der ANC, der sich immer geweigert hat, als Vorbedingung für Verhandlungen seinen bewaffneten Kampf gegen die Apartheid aufzugeben.

Eine neue Verfassung müßte De Klerk zufolge allen die Beteiligung am politischen Prozeß ermöglichen, ohne daß es Vorherrschaft einer Gruppe über andere gibt. Zudem sollten diskriminierende Gesetze abgeschafft, gleichzeitig aber die Rechte von Minderheiten geschützt werden. In diesem Zusammenhang würde man überlegen, ob es gesetzlich festgeschriebene Garantien der Menschenrechte geben soll.

De Klerk hatte in den letzten Tagen für Aufregung gesorgt, als er ausdrücklich friedliche Proteste gegen die Apartheid erlaubte. Daraufhin kam es zu großen Demonstrationen in Kapstadt und Johannesburg. Auch für heute, Freitag und Samstag sind Demonstrationsmärsche geplant. Im Gegensatz zu dieser mutigen Entscheidung bleibt De Klerk in seiner Reformpolitik zurückhaltend. Weder die Abschaffung der Apartheid, noch Verhandlungen mit den Führern der schwarzen Mehrheit sind in absehbarer Zukunft zu erwarten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen