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Chinas Dissidenten formieren sich

„Föderation demokratisches China“ (FDC) in Paris gegründet Regimegegner debattieren über demokratische Alternativen  ■  Aus Paris Alexander Smoltczyk

Mit dem Satz: „Aus gewöhnlich sehr guter Quelle haben wir gerade erfahren, daß das Politbüro der KP am (heutigen) Freitag den Rücktritt von Deng Xiao-Ping bekanntgeben wird, und daß Jiang Zemin sein Nachfolger als Vorsitzender der Militärkommission des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KpCh) werden wird“, wurde am Mittwoch abend in Paris die Konferenz der „Föderation demokratisches China“ (FDC) eröffnet. Drei Tage lang werden 150 Teilnehmer aus China, Taiwan, Macao und Hongkong das vom Vorbereitungsausschuß ausgearbeitete Manifest der chinesischen Opposition debattieren und am Sonntag zur Abstimmung stellen - die erste öffentliche Generaldebatte über Chinas demokratische Zukunft seit den Geschehnissen auf dem Tiananmen.

Was dieses Statut im einzelnen an politischen Einschätzungen enthält, ist bis heute geheimgehalten worden. Chen Yizi, ehemaliger Chef des Instituts für die Reform des politischen und ökonomischen Systems beim Staatsrat und seit dem 4. Juli Präsident des Vorbereitungskomitees der FDC, deutete am Mittwoch lediglich an, daß die Opposition „ein Ende der Ein-Parteien-Diktatur, die Garantie der Menschen und Bürgerrechte und eine freie Wirtschaft“ anstrebe. Konkreter wurde Yan Jiaqi, der Direktor des Instituts für Politische Wissenschaften in Peking und Initiator der FDC: „Wir wollen eine Marktökonomie.“ Dies hieße keineswegs, reformwillige Parteikader links liegen zu lassen: „Die Partei ist kein monolithischer Block, und wir versuchen, die demokratischen Parteimitglieder zu sammeln.“

So hat das Vorbereitungskomitee Einladungen nicht nur an die nationalistische Kuomintang und die Progressive Demokratische Partei Taiwans geschickt, sondern auch an das ZK der KP in Peking, an den Volkskongreß und den Dalai Lama. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Positionen in den Debatten der nächsten drei Tage halten und im Manifest unterbringen lassen. In der Frage der ökonomischen Sanktionen hat sich die FDC auf eine differenzierte Haltung geeinigt. „Die Lieferung militärischen Materials und die Gewährung von langfristigen Krediten mit Vorzugszinsen müssen gestoppt werden. Medikamente und Grundnahrungsmittel müssen dagegen weiter importiert werden. Wir setzen uns dafür ein, daß gegen staatseigene Unternehmen Sanktionen verhängt werden, daß man jedoch mit privaten Firmen und den Regionalregierungen kooperieren sollte“, so Yan Yiaqi. Eine Haltung, bei der auch die Zustimmung der bundesdeutschen Beobachter bei der Konferenz, einer elefantengroßen Koalition von CDU, SPD und Grünen, sicher sein dürfte.

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