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Bremens entschärftes Gleichstellungsgesetz

■ Als erstes Land legt Bremen Entwurf für Antidiskriminierungsgesetz vor / Leistungsbezogene Quote

Bremen (taz) - Als erstes Bundesland hat Bremen einen eigenen Entwurf für ein „Gesetz zur Aufhebung der Benachteiligung von Frauen“ (GAB) präsentiert, das im Land und in den beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven gelten soll. Ähnliche Bestrebungen gibt es in Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.

Seit 1984 gibt es in Bremen eine „Richtlinie zur Förderung von Frauen im öffentlichen Dienst“, die von den Behördenmännern jedoch wenig beachtet wurde. Die Bremer Gleichstellungsstelle hofft nun auf mehr Durchsetzungskraft durch den „Gesetzesrang“. Was juristisch an Formulierungen im Entwurf durchgesetzt werden konnte, geht über die Richtlinie aber kaum hinaus.

Wie schon in der Förderrichtlinie formuliert, ist die Hälfte der Ausbildungsplätze an Frauen zu vergeben. Der entscheidende Paragraph 3 (1) lautet: „Bei Einstellungen sind Frauen bei gleichwertiger Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber in den Bereichen bevorzugt zu berücksichtigen, in denen sie unterrepräsentiert sind.“ Diese „leistungsbezogene Quote“ wird unter JuristInnen jedoch kontrovers diskutiert. Männern stehen die Hintertüren weit offen: Mit dem Gummiargument der „Qualifikation“ haben trotz Quote in der Vergangenheit Männer gleich serienweise erste Listenplätze erobert. Und im Bremer Entwurf sind Ausnahmen zulässig, „wenn schwerwiegende, in der persönlichen Situation des Bewerbers liegende Gründe dies erfordern“, z.B. wenn er eine soziale Notlage glaubhaft machen kann.

Das GAB gilt erstmalig nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern auch für Landesbank, Radio Bremen, Sparkasse, Krankenhäuser - für alle „Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts im Lande Bremen, die nicht bundesunmittelbar sind“. Ebenfalls neu: In allen 150 Dienststellen sollen Frauenbeauftragte „auf Vorschlag der Mehrheit der weiblichen Beschäftigten“ bestellt werden.

Der Entwurf, so die Bremer Frauenbeauftragte Ursula Kerstein (SPD), hatte schon im Vorfeld „viele irrationale Ängste geweckt“ und wurde in der Vorbereitungsphase bereits abgemildert. Der Entwurf soll in einer öffentlichen Anhörung von über 40 Verbänden debattiert, möglicherweise noch weiter entschärft und Ende dieses Jahres verabschiedet werden.

B.D./S.P.

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