Ehefreundlicher Knast

■ Neue Idee von Justizsenatorin Limbach für Knackis / Senatorin muß noch „gegen meine Männer kämpfen“

Einem fordernd fragenden Frauenforum ist es zu verdanken, daß Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) bei einer Diskussion über „Veränderungen im Strafvollzug“ am vergangenen Sonntag in den Räumen des Staatsbürgerinnen-Verbandes nicht nur mit Allgemeinplätzen davonkam. Und so offenbarte die Justizsenatorin schließlich, daß sie schon seit längerem „ehrlich darüber nachdenkt“, das in der baden -württembergischen Haftanstalt Bruchsal praktizierte Modell der „ehe- und familienfreundlichen Besuchsregelung“ für die Berliner Knästen zu übernehmen. Sie habe den Erfahrungsbericht des Bruchsaler Anstaltsleiters Harald Preusker mit großem Interesse gelesen.

Die Langstrafer-Haftanstalt Bruchsal ist nach Informationen der taz bislang der einzige Knast in der Bundesrepublik, in dem Gefangene mehrere Stunden unbeaufsichtigt Besuch von ihren Ehefrauen und nahen Angehörigen bekommen können. Wie der Anstaltsleiter Preusker gestern der taz erzählte, existiert das Projekt seit viereinhalb Jahren. Konkret sieht es so aus, daß Baucontainer zu Besuchsräumen umgebaut wurden. Kostenaufwand: 6.000 Mark. So entstanden zwei separate Besuchsräume mit extra Toilette und kleiner Küche. Die Räumen sind mit einer Couch, Stühlen und Tisch ausgestattet. Auch ein Hof gehört dazu, so daß man bei schönem Wetter im Freien sitzen kann und die Kinder in einem Sandkasten spielen können. Preusker zufolge können alle Gefangenen mit Ehefrauen oder festen Angehörigen ihren Besuch mindestens einmal im Monat für maximal vier Stunden unbeaufsichtigt dort empfangen. Aus Rücksicht auf die öffentliche und politische Diskussion habe die ursprüngliche Konzeption jedoch auf Eheleute und Familie beschränkt werden müssen, um das Vorhaben überhaupt durchsetzen zu können.

Laut Preusker wird die Container-Besuchsmöglichkeit derzeit von rund 60 der 350 Bruchsaler Gefangenen genutzt, bei Bedarf sei dies auch mehrmals im Monat möglich. Preusker betonte, daß die Container nicht auf Begriffe wie „Möglichkeit zum Geschlechtsverkehr“ oder „oberflächlichen Sex“ reduziert werden dürften, weil der Beitrag zur Stabilisierung der Beziehungen viel umfassender sei. Als „Bordell“ und „Liebeszelle“ würden sie bedauerlicherweise nur immer wieder durch das öffentliche „Geschwätz“ diskreditiert.

Auf Nachfrage, wie weit die Überlegungen zur Übernahme des Projekts in Berlin gediehen sind, sprach Justizsprecher Christoffel gestern von einer „Idee von Frau Limbach“. Die Überlegungen in der zuständigen Abteilung seien „noch nicht konkretisiert“. Daß es im Justizsenat schon auf höchster Ebene Schwierigkeiten gibt, hat die Justizsenatorin der taz bereits am Sonntag beim Nachhausegehen verraten, als sie sagte: „Meine Männer sind da zögerlicher als ich. Und da muß ich mit ihnen erst mal ein bißchen kämpfen.“

plu