Neu im Kino:

■ Aki „Charismati“ und sein Film „Ariel“

Heulender Wind, ein betonierter Raum, eine Warnsirene und eine Sprengung. Draußen ist das Licht fahl und überall liegt Schnee. So muß Finnland sein.

Ein alter Mann veschenkt an Taisto Kasurinen (Turo Pajala) ein Kabriolet und redet davon, daß alles sowieso keinen Sinn mehr hat. Dann erschießt er sich auf dem Klo. Taisto steigt in den offenen Straßenkreuzer, dessen Verdeck sich nicht schließen läßt und fährt davon. So beginnt Aki Kaurismäkis neuer Film Ariel.

Ein Herr der deutsch-finnischen Gesellschaft in Bremen sagte vor einiger Zeit, daß es bis zu 35 Jahre dauern könne, bis AusländerInnen in Finnland eingebürgert würden. Das Volk zwischen Helsinki und Lappland bliebe lieber unter sich.

Das ist den wenigen Kinoprodukten, die ihren Weg zu uns in den Süden finden, anzumerken. Aki und sein Bruder Mika Kaurismäki behaupten ohnehin, das finnische Filmschaffen allein zu repräsentieren. So ist ihre cineastische Sichtweise Suomis das Bild, das sich in unseren Köpfen festsetzt. Es ist spröde, zurückgenommen - und grau.

Doch das hört sich schlimmer an, als es ist, denn Taisto wuselt sich durch den finnischen Alltag, daß es eine Freude ist. Nicht gerade für ihn selbst, aber dafür für uns ZuschauerInnen. Mit seinem offenen Kabrio fährt er zunächst den weiten Weg nach Helsinki, um Arbeit zu suchen. Doch seine Naivität steht ihm permanent im Wege. Alles Geld wird ihm in der Großstadt geklaut, seine Jobs sind nicht mehr als schlecht bezahlte Frondienste und sein Bett steht in einem Obdachlosenheim. Er könnte es besser haben, ohne Frage, doch er ist zu gutgläubig. Fragen stellt er nie, es ist eben so, wie es ist.

Wenn da nicht Irmeli (Susanna Haavisto) mit ihrem Sohn wäre, die auch nicht gern redet, dafür aber Arbeit und eine Wohnung hat. Für eine gemeinsame Zukunft lohnt sich schon ein bißchen Aufwand. „Gehst Du morgen früh weg, wirst Du mich für immer verlassen ?“, fragt sie ihn. „Wir bleiben für immer zusammen“. „Gut“.

Kaurismäki hat es verstanden, mit wenigen filmischen Gesten eine Geschichte zu erzählen, die die Beweggründe der Menschen nicht ausspart. Knappe Einstellungen verraten Zusammenhänge, ein Schulterzucken legt eine ganze Gefühlswelt frei. In 74 Minuten nehmen wir teil an einem Road-Movie, einer Liebesgeschichte und einer aufregenden Räuberpistole. Das Licht bleibt fahl, die Gesichter stoisch und die Menschen in ihrer Verzweiflung liebenswert. Am Ende winkt die Freiheit und wir gönnen es ihnen. Das ist der finnische Stoff, aus dem die Träume sind. Jürgen Franck

Schauburg, 21 Uhr