Hardthöhe filbingert

■ Die Bundesregierung, die Wehrmacht und der Deserteur

Bonn (taz) - Für die Bundesregierung haben die Wehrmachtsoldaten „im Kriege tapfer und ehrenvoll gekämpft“. Erst durch ein Denkmal für den unbekannten Deserteur würden sie „nachträglich ins Unrecht“ gesetzt. So steht es jetzt in der Antwort des Verteidigungsministers auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen.

Die Hardthöhe unterstützt damit explizit die fast wortgleichen Äußerungen des Bonner Oberbürgermeister Daniels (CDU). Leider gehörte es zur „Tragödie jener Zeit“, so die Hardthöhe, daß die Vaterlandsliebe für verbrecherische Zwecke „mißbraucht“ worden sei. Während aber die Ehrenhaftigkeit der „meisten“ Wehrmachtsoldaten außer Zweifel stehe, vielen sogar „Hochachtung“ gebühre, müßten Deserteure im Einzelfall „achtbare“ Motive erst „glaubhaft“ machen. Da dies vor deutschen Gerichten und Entschädigungs -Instanzen kaum einem Betroffenen gelang, sieht auch die Bundesregierung keinen Anlaß, an diesem Zustand etwas zu ändern.

Auch die mindestens 20.000 Todesurteile gegen Deserteure und Wehrkraftzersetzer sind nicht so wichtig. Um zur Beteiligung der Wehrmachtjustiz an den NS-Verbrechen nicht Stellung nehmen zu müssen, verschanzt sich die Regierung hinter „Forschungslücken“ und „kriegsbedingten Aktenverlusten“. Die wesentlichen Veröffentlichungen in diesem Bereich werden als „privat-persönliche“ Publikationen abgetan. Das Thema Wehrmachtjustiz kommt in der neuen Wanderausstellung des Justizministeriums über „Justiz und Nationalsozialismus“ gleich gar nicht vor.

Doch Forschungslücken hin oder her, für die Bundesregierung steht fest: „Die undifferenzierte Ehrung von Deserteuren durch ein Denkmal (läßt) sich mit dem verfassungspolitischen Leitbild vom Staatsbürger in Uniform nicht vereinbaren.“ Und für die paar Hingerichteten mit achtbaren Motiven hat man auch schon ein Plätzchen gefunden: jenes geplante Mahnmal in Bonn, das alle Opfer aus Krieg und Gewaltherrschaft, die Täter inklusive, im Beton versöhnen soll.

Ch. Wiedemann