Weiter Warten in Prag

■ Über 2.000 DDR-Emigranten inzwischen in der Prager Botschaft / Meldungen über Festnahmen dementiert

Berlin (ap/dpa) - Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein, und die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Irmgard Adam-Schwaetzer informierten sich gestern in der Bonner Botschaft in Prag über die Situation im „Camp Erich“. Mehr als 2.000 DDR-Emigranten warten dort auf die Ausreise in die Bundesrepublik.

Nur wenige vertrauen dem Angebot des DDR-Rechtsanwaltes Vogel, bei freiwilliger Rückkehr in die DDR innerhalb von sechs Monaten das Land Richtung Bundesrepublik verlassen zu können.

Panik hatte am Mittwoch abend eine über sämtliche Agenturen verbreitete Meldung ausgelöst: Angeblich hatten Polizisten der CSSR einen zur befristeten Rückreise entschlossenen DDR -Bürger am Bahnhof geschlagen und ihm die Papiere von Rechtsanwalt Vogel entrissen. Nur mit Mühe und auf Schleichwegen sei der Mann wieder zur Botschaft gelangt. Demgegenüber erklärte das Auswärtige Amt in Bonn gestern, diese Meldung entbehre jeder Grundlage.

Wenige Stunden nachdem Bonn die Journalisten vor dem Prager Gartenzaun um „Fingerspitzengefühl und Verantwortungsbewußtsein“ gebeten hatte, hörte der Ticker auf, bergeweise Geschichten über die „menschenunwürdigen Zustände“ im „Hotel Leipzig“ (DDR-Jargon für die Botschaft) auszuspucken.

CSSR-Regierungssprecher Miroslav Pavel sagte am Nachmittag, wenn eine Einigung zwischen den beiden deutschen Staaten erreicht sei, leiste die Tschechoslowakei jede „humanitäre und technische Hilfe“, und fügte hinzu: „Wir garantieren den freien Zugang zu den Botschaften.“

Unterdessen führte Rechtsanwalt Vogel am Donnerstag ein weiteres Gespräch mit den DDR-BürgerInnen in der Warschauer Botschaft. An der Unterredung nahmen auch der Leiter der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin sowie zwei Bonner Staatssekretäre teil. Es werde davon ausgegangen, daß „einige“ der Ausreisewilligen Vogels Offerte annähmen, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

peb