Manager gegen Vereinsmeier

■ Arbeitslose Sportlehrer können sich zu „Sportmanagern“ umschulen lassen / Sponsering, Statistik und Rhetorik in 1.100 Unterrichtsstunden

Der Landessportbund Berlin (LSB) sagt der muffigen Vereinsmeierei den Kampf an. Als erster Verband des Deutschen Sportbundes (DSB) werden die Berliner ab 1.November 25 arbeitslose Sportlehrer zu „Sportverwaltungsfachkräften“ ausbilden. Sollten nicht alle Lehrgangsplätze mit gelernten Pädagogen besetzt werden können, so Klaus Schwanbeck vom LSB, kämen auch „Sporterfahrene aus der Praxis“ zum Zuge. „Der DSB hat das Berliner Modellprojekt gelobt“, frohlockt Schwanbeck von der LSB-Sportschule im Tempelhofer Priesterweg. Dort wird der 18monatige Kurs beginnen, den das Landesarbeitsamt mit monatlich 450Mark pro Teilnehmer finanziell trägt. Der Lehrgang, der „nicht akademisch, sondern eher pragmatisch angelegt ist“ (Schwanbeck), umfaßt 1.100 Unterrichtsstunden in insgesamt 17 Fächern, die ganztägig gelehrt werden. Hierzu zählen unter anderem Betriebs- und Volkswirtschaft, Sponsoring, PR, Marketing, aber auch EDV, Statistik und Rhetorik. Nach sechs Monaten beginnt das „Training on the job“, das heißt, die Schüler absolvieren zusätzlich ein Praktikum in verschiedenen Sportorganisationen. Klaus Schwanbeck: „Bei uns haben sich mehr als 400 Großvereine mit jeweils über 2.000 Mitgliedern als Interessenten gemeldet. Bedarf an ausgebildeten Fachkräften ist also vorhanden.“

Die Berliner Initiative kommt keineswegs überraschend. Schon seit geraumer Zeit treibt LSB-Präsident Manfred von Richthofen die Sorge um, daß sehr viele Vereine mangels Mitglieder in die Bredouille geraten: „Die Vereine klagen über einen akuten Nachwuchsmangel. Die Basis droht uns wegzurutschen!“

Mit einer großangelegten Werbeaktion („Im Verein ist Sport am schönsten“) will der DSB, Dachverband von über 20 Millionen Sporttreibenden, den Exodus aus dem Vereinsleben stoppen. Als Haupteigner wurden bald die privaten Fitness -Center sowie der unorganisierte Breitensport ausgemacht.

„Der LSB hat das Ziel, den Vereinen klarzumachen, daß sie Sportgruppen einrichten sollen, die mit privaten Betreibern konkurrieren können. Die Vereine wollen schon ein qualifiziertes Management, um ein sinnvolles Freizeitangebot auf die Beine zu stellen, doch oftmals bekommen sie Schwierigkeiten damit, überhaupt einen qualifizierten Geschäftsführer zu finden“, skizziert Schwanbeck die Malaise seiner Klientel. Daß mancher Verein sehr wohl den harten Kampf um einen lohnenswerten Markt erkannt hat, beweist der SC Charlottenburg mit der Einstellung eines hauptamtlichen Leiters für eine erfolgreiche Leichtathletik-Abteilung. Die Verdrängung der Ehrenamtlichen läuft!

Dennoch hat der LSB-Vorstoß einen Haken: Derzeit gibt es lediglich 130 arbeitslos gemeldete Sportpädagogen. Der riesige Rest, der nach der Ausbildung nicht im Schuldienst unterkam, sondern anderweitig sein Geld verdient, bleibt also von der Ausbildung ausgeschlossen - es sei denn, man ist bereit, die Kosten von monatlich 450Mark selber zu tragen. Das dürfte - angesichts der ganztägigen Ochsentour in der LSB-Schule und im Vereinspraktikum - den meisten wohl schwerfallen, zumal die meisten Sportveranstaltungsfachfrauen und -männer später mit deutlich weniger Gehalt als etwa ein Oberstudienrat rechnen müssen und die LSB-Weiterbildung auch noch nicht als Ausbildungsberuf anerkannt ist.

Jürgen Schulz