Medizinstudium: Länder sauer auf den Bund

Kultusministerkonferenz: Kein Beschluß über Abbau der Studienplätze / NRW im Alleingang bei Hochschulhilfe  ■  Von Axel Kintzinger

Hamburg (taz) - Die in Kiel tagende Kultusministerkonferenz (KMK) hat den Beschluß über die Reform des Medizinstudiums gestern verschoben. Wie berichtet, bedeuten die seit Monaten diskutierten Pläne einen Studienplatzabbau um jährlich etwa 2.500 Mediziner-Studienplätze.

Hatte es ursprünglich nach einer einsamen Opposition Hamburgs dagegen ausgesehen, so kritisierten im Verlauf der KMK auch andere, selbst unionsregierte Länder das Vorgehen der zuständigen Bundesministerien. So empfand es der rheinland-pfälzische KMK-Leiter Georg Gölter (CDU) als Affront, daß weder Familienministerin Ursula Lehr noch ihr Staatssekretär nach Kiel gereist waren (offizielle Begründung: Nebel in Köln/Bonn).

Zudem zeigten sich erhebliche Meinungsunterschiede bei der Durchführung einer großangelegten Studienreform für Mediziner. Während das Bundesgesundheitsministerium für fünf Theorie- und drei Praxisjahre in der MedizinerInnenausbildung plädiert, beharren die Kultusminister auf einem Theorie-Praxis-Verhältnis von sechs zu zwei Jahren.

Schon jetzt gilt es als sicher, daß die gewünschte Reform des Medizinstudiums erheblich in Verzug gerät. Vor 1991 sei da wohl nichts mehr zu machen, war von einem Beteiligten zu hören. Berlin verweigert seine Zustimmung prinzipiell, solange Bonn sich nicht über seine eigenen Vorstellungen klar geworden ist. Ende des Monats muß sich auch die Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Thema auseinandersetzen.

Auch auf anderem Gebiet zeigte sich ein Konflikt zwischen Bonn und den Ländern. Nordrhein-Westfalen will bei der geplanten Hilfe für die überfüllten Hochschulen eigene Wege gehen. Die Düsseldorfer Wissenschaftsministerin Anke Brunn (SPD) bezeichnete die von Bildungsminister Jürgen Möllemann (FDP) vorgeschlagenen 10.000 Stellen zur Schaffung von Professorennachwuchs als „überflüssig“. Sie schlug statt dessen ein langfristig angelegtes Bund-Länder-Programm -Hochschule 2001“ vor, mit dem unter anderem Professoren materiellen Anreiz für eine bessere Lehre erhalten sollen.

Anke Brunns Kollegen waren von diesem Vorstoß gar nicht begeistert. So hatte sich eine Bund-Länder-Kommission parteiübergreifend schon auf ein Hilfspaket verständigt, zu der auch das von Frau Brunn attackierte 10.000 -Stellenprogramm für den wissenschaftlichen Nachwuchs zählt. Kurz vor Weihnachten soll abschließend darüber beraten werden. Entsprechend schroff reagierte Möllemann: Die „futuristisch aufgemachten Luftballons“ aus Düsseldorf böten keine Substanz, ätzte er.