Chinesische Lehre und westliche „Hetzballons“

■ Antwort des 'Neuen Deutschland‘ auf die Proteste

Berlin (taz) - Während die ersten Dialogsignale der SED hierzulande die Schlagzeilen bestimmen, nimmt das 'Neue Deutschland‘ die „chinesische Drohung“ auf die Titelseite. Der Hauptartikel („Erich Honnecker empfing den Leiter der Delegation der VR China“) hat als wichtigsten Begriff das Wort „grundsätzlich“. Die grundsätzliche „Übereinstimmung in den wichtigsten Lebensfragen der Menschheit wie bei der weiteren Entwicklung und Vervollkommnung des Sozialismus“. Aktuell heißt das: die volle Übereinstimmung der Gesprächspartner, „daß in der Gegenwart ein besonders aggressives antisozialistisches Auftreten des imperialistischen Klassengegners zu beobachten“ sei. Insofern „bestehe eine grundsätzliche Lehre aus dem konterrevolutionären Aufruhr in Peking sowie der gegenwärtigen Hetzkampagne gegen die DDR, unbeirrt an den Grundwerten des Sozialismus festzuhalten.“ „Das könne aber nur mit Durchsetzung der führenden Rolle der Arbeiterklasse und ihrer Partei geschehen.“

In der gleichen Ausgabe ist auch eine Leserbriefkampagne gegen die DemonstrantInnen angelaufen. Es seien „Krakeeler, Randalierer, Rowdies, Assis“ (Asoziale). Anführer der Demonstration in Ost-Berlin sei das West-TV gewesen. Zur Brutalität der DemonstrantInnen: einer Volkspolizistin sei zugeschrieen worden: „Wir schlitzen dir den Bauch auf.“ Für die Vorbereitung der Unruhen durch jene „lange Hand“ werden zwei Fakten zitiert: Der Westen habe Flugblätter mit „Hetzballons“ geschickt. Außerdem wird aus einem Protokoll eines Untersuchungsrichters zitiert: „Heiko D. (19), ohne Beruf: 'Vor acht oder zehn Wochen habe ich erfahren, daß am 7.Oktober was los sein würde‘.“

Klaus Hartung